Wenn ich nochmal an die Eingangsfrage des TEs erinnern darf:
Es ging darum, was es für Entwickler Neues gibt. Neue Technologien, neue Entwicklungsmöglichkeiten, usw....
Ich bleib noch dabei, aus technischer Sicht wird sich für Entwickler und Ingenieure rein gar nichts bis wenig ändern. Es wird vielleicht ein paar neue Schnittstellen geben. (Auf der Embedded World in Nürnberg vor ein paar Wochen habe ich das LoRa-WAN bewundern dürfen. Funkübertragung für relativ geringe Datenmengen über beachtliche Entfernungen. Letztenendes Module, die über eine schnöde UART-Schnittstelle angesprochen werden.) Aber damit bleibt alles beim alten: Die Firmen, die neue Geräte/Technologien entwickeln, haben das schon seit Jahrzehnten gemacht und tun das weiter hin.
Wo sich eher vielmehr etwas ändern muß, ist die Organisation vieler Firmen, sowie die Zusammenarbeit zwischen den technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Abteilungen. Soweit ich das beurteilen kann liegt da die größte Quelle für Probleme aller Art.
Aufträge werden oft ausgeschrieben, d.h. in der Regel der, der am wenigsten Geld sehen will, kriegt den Job. Nun findet sich immer irgendeine Klitsche, die den größten Teil ungelernte Ahnungslose unterhält und vllt einen "Feignblatt-Meister oder -Ing" beschäftigt, der aber auch nur dort ist weil für irgendwelchen rechtlichen Kram jemand mit Titel gebraucht wird. Solche Buden gibts fast immer.
Momentan bin ich noch für eine Firma tätig (zwar nicht Industrie, aber die gleichen Mechanismen gibts überall) die am Markt einen riesig großen Namen hat, wo aber fast die gesamte Arbeit von Subunternehmen gemacht wird. Die Baustellenleiter sind während der gesamten Bauzeit nicht ein einziges Mal auf der Baustelle gewesen (wie auch, wenn einer Baustellen für drei alleine leiten soll), und kleinere Handwerkerbertriebe sind erstaunt wenn die Leiharbeiter in den Arbeitsklamotten mit dem Logo der superdollen Riesenfirma aus Dortmund zu ihnen kommen um sich grundlegene Werkzeuge auszuleihen.
Die Firma wickelt ihre Projektkalkulation mit einem Werkzeug ab, das definitiv noch aus der Mitte der 90er Jahre stammt, das letzte Update aber von 2016 ist. Über die Mängel dieser Software könnte ich Bücher schreiben, ich sollte in einem fast fertig kalkulierten Angebot die Verkaufssätze ändern. Ein Vorgang, der nur für jede Einzelposition individuell möglich ist. Für so etwas habe ich 20min "Klavier gespielt", diesen Vorgang könnte man aber auch in <10s erledigen wenn die Softwarebude gewußt hätte was sie tat. Der Einsatz solcher Programme wird für mich künftig ein Kriterium bei der Arbeitgeberwahl sein.
Diese Firma hat auch allerhand Zertifikate, für deren Ausstellung irgendein Mitarbeiter vor Jahren mal allerhand Formulare und Vorlagen in Excel erstellt hat. Diese Tabellen gammeln in den Tiefen des Servers rum und kein Mensch weiß davon oder nutzt die Dinger gar. Davon abgesehen nutzt die Firma allerhand Excel-Tabellen, wo das Firmenlogo aus vier Textblöcken mit verschiedenen Schriftarten irgendwie zusammengebastelt wurde. Dort, wo Zeichenketten eingetragen werden sollten, ist ein Riesenhaufen Spalten auf ca. Zeichenbreite zusammengeschrumpft worden. Vollkommen nutzlos, aber die Exceltabelle sieht an dieser Stelle immerhin wie ein Überweisungsschein aus. Dafür keinerlei Formeln, wo der Computer dem Menschen ein wenig Rechenarbeit abnehmen könnte. Die Firma rühmt sich übrigens der ständigen Fort- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter.
Ich habe für diese Firma eine Exceltabelle mit etwas Intelligenz vollgestopft, mir vom Standort-Manager dafür immer Sprüche angehört wie "Programmieren Sie denn noch oder verdienen Sie schon Geld?", bis dann ein Projekt massiv in Schieflage geraten ist. Der Standort-Manager war nur verwundert, daß sein Bauleiter immer aktuellere Zahlen hatte als er (dank meines Excelscripts), zumindest habe ich mir für speziell dieses Script keine dummen Sprüche anhören müssen. Beim nächsten Projekt ging es allerdings wieder los...
Über die Lohnzettel, die wirklich noch von jedem Mitarbeiter handschriftlich ausgefüllt (kostet jeden Mitarbeiter regelmäßig einen kompletten Arbeitstag im Monat-mindestens) und dann aus allen Standorten in Deutschland nach Dortmund gekarrt werden, habe ich mich bestimmt schonmal ausgelassen. Dafür wird jeder Mitarbeiter auf Vollgas gefahren, die "12h/d-Arbeitszeitausnahme" ist da eher die Regel. Die Mitarbeiterfluktuation entsprechend hoch.
Die Firma ist zwar eine Elektrofirma und im Bauwesen und nicht in der Industrie tätig, aber das sollte keine Rolle spielen, denn das sind alles Probleme, deren Ursachen völlig branchenunabhängig sind. Und solange es noch Firmen gibt die sich eine solche Arbeitsweise leisten können, wie auch immer die das schaffen, wird dieses "Industrie 4.0-Gedöns" mir als angehenden Ingenieur eher Alpträume bereiten. Denn sowas:
http://www.n-tv.de/auto/Hacker-ueber...e15575591.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Michae...8Journalist%29
brauchen wir nicht noch mehr. Für den Ein oder Anderen, insb. Menschen mit wenig technischer Bildung wie Leute im Marketing- oder Wirtschaftsbereich, mag es ein Unterschied sein ob ich ein Auto oder eine Industrieanlage hacke. Als Technischer ist mir das völlig wurscht, lediglich die Möglichkeiten sind anders.
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