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Thema: Bipolarer Reizstrom mit MOSFETs und H-Brücke?

  1. #1

    Bipolarer Reizstrom mit MOSFETs und H-Brücke?

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    Hallo und danke für dieses tolle Forum.
    Dies ist zwar mein erstes Posting, aber ich lese hier die Artikel und Wiki schon eine ganze Weile mit.

    Ich sinniere seit einiger Zeit darüber nach wie diese ganzen TENS Geräte zur Nerven- bzw. Muskelstimulation funktionieren. Da ich selbst aus dem Medizinbereich komme weiß ich über die physiologische Seite gut Bescheid.

    Die elektronische Umsetzung finde ich interessant und ich würde da nur mal gerne drüber plaudern ob meine Gedanken soweit korrekt sind. Es ist mir auch durchaus klar, dass solch eine Schaltung nichts für den Laien ist und Strom am Körper sowieso immer ein Risiko darstellt. Es geht mir hier nur darum ob meine Ideen zur Funktionsweise falsch sind.

    Also bei den TENS Geräten fließen ca. 50-100Volt im Bereich von einigen Milliampere durch den Körper. Und zwar nicht als Gleichstrom (das wäre ziemlich schädlich, mit allen Auswirkungen wie Elektrolyse, Zellschädigung, etc.) sondern als Wechselstrom.

    Die Pulsform variiert je nach Gerät, aber eine bipolare Rechteckform mit ca. 100-200Hz und Pulsweiten variabel bis zu 300uS wurden als am angenehmsten beschrieben.

    Gut, wie erzeugt man also möglichst schöne bipolare Rechteckimpulse? Da kam mir der Gedanke ob dies nicht ein idealer Fall für MOSFETs im H-Brückenaufbau ist und anstelle des Motors wäre dann der Elektrodenanschluss? Oder sind MOSFETs hier ein Overkill. Es geht ja immerhin nur um ein paar mA's, allerdings mit eben 50-100V und um schnelle Schaltzeiten wegen Rechteckform.

    Wenn man eine H-Brücke für einen Motor nimmt, dann kann man durch die Umschaltung der Drehrichtung ja die Polarität komplett umdrehen. Mit MOSFETs wäre das auch schnell genug für Rechteckimpulse denke ich, und schaltet man keinen MOSFET fließt auch kein Strom.

    Jetzt wäre nur die Frage der Ansteuerung. Man muss ja immer zwei MOSFETs gleichzeitig schalten, aber nie beide auf einer Seite der HBrücke (Kurzschluss). Kann da ein MOSFET Treiber helfen? Es gibt ja Treibertypen die Totzeiten eingebaut haben und so die High und Lowside sicher nie gleichzeitig schalten.

    Wie wäre so ein High- und Lowside Treiber denn an 4 MOSFETs anzuschließen wenn meine Gedanken bisher halbwegs korrekt sind. Kann der Treiber jeweils 2 MOSFETs pro High- und Low- Ausgang schalten (vorausgesetzt er hat genügend Leistung für die Gatekapazitäten)?

    Und zum Schluss müsste man den Treiber ja noch mit einer Logic verbinden welche jeweils abwechselnd den High- und Low- Logic Input auf High setzt in der gewünschten Frequenz und Impulsdauer. Dazu wäre wohl ein Microkontroller am Besten geeignet denke ich.

    Mir kommen die ganzen kommerziellen Aufbauten meist wesentlich simpler vor. Andererseits, vielleicht erzeugen die auch nicht so wunderschöne Rechteckimpulse wie ich mir das vorstelle (und vielleicht sind die auch garnicht so nötig, aber mir gings hier ums Prinzip)

    Also, danke schon mal für eure Einsichten.

    Wär doch Lustig so einen Rückenmuskelstimulationsmassageroboter zu bauen

  2. #2
    Erfahrener Benutzer Lebende Robotik Legende Avatar von PICture
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    Hallo!

    Über medizinische Elektronik möchte nicht unnötig diskutieren, bloss das wichtigste sagen, damit deine Vorstellung über therapeutische Geräte realer wird.

    Die alle Geräte die direkten elektrischen Kontakt mit dem Körper vom Patienten haben, müssen aus Sicherheitsgründen sehr strenge Bedinnungen erfüllen und dort ist keine Bastlerei zulässig, da durch das Herz fliessende nur 25 mA könnte schon Herzkammerflimmern verursachen.

    Um Impulse mit gleichem bestimmtem Strom durch Haut mit diversem Widerstand im Innerem des Körpers zu erzeugen, ist eine bipolare Konstantstromquelle notwendig.

    Wenn du z.B. ein Arzt bist, lass die Finger davon lieber weg. Die medizinische Elektronik ist ein Wissen für sich und es dürfen nicht alle sogar hochqualifizierte Elektroniker machen.

    Sorry, ich möchte dir keine Angst machen, nur warnen, weil ich einige Zeit als Entwickler in diesem Bereich tätig war.

    Auf die schnelle gefundene "Lektüre": http://www.loullingen.lu/projekte/De.../103-STRO2.pdf .

    MfG

  3. #3
    Hi!

    Danke für die Antwort. Mir ist schon klar was für Voraussetzungen und was für Auflagen ein medizinisch therapeutisches Gerät erfüllen muss. Mir ging es jetzt im Prinzip garnicht darum diese alle zu erfüllen. Ich will ja auch kein therapeutisches Gerät bauen und auch an niemandem ausprobieren. Keine Sorge.

    Ich wollte bloß wissen ob mein Gedankengang richtig war zum Thema bipolare Rechteckspannung mit MOSFET HBrücke. Rein aus ehrlichem Interesse.

    Hätte die Frage anders aufziehen sollen und nur z.B. nach der Erzeugung einer 50V 10mA Rechteckspannung fragen sollen dann schrillen die medizinischen Alarmglocken nicht gleich.

    Und ja ... ich bin Arzt, interessant, dass du das "erraten" hast Aber wie gesagt, keine Sorge, ich will an keine Patienten irgendwelche Basteleien anhängen oder sonstiges. Ich bin einfach nur neugierig, wie viele andere Menschen

  4. #4
    Erfahrener Benutzer Lebende Robotik Legende Avatar von PICture
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    Hi!

    Zitat Zitat von smallhorse
    Ich bin einfach nur neugierig, wie viele andere Menschen
    Ich war bisher immer auch und es besteht leider keine Hoffnung mehr, dass sich es noch vor meinem Tod ändern könnte (eigene Diagnose).

    Dein Gedankengang ist perfekt !

    MfG

  5. #5
    Erfahrener Benutzer Fleißiges Mitglied
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    Hallo,

    ich habe vor ein Paar Jahren an der Entwicklung eines Reizstromtherapiegerätes mitgearbeitet. Wir benutzten 4 MOSFETs in einer H-Brücke benutzt, wie du es dir gedacht hattest. Die H-Brücke wurde von einer einstellbaren Zwischenkreisspannung (5-200V) gespeist.
    MOSFETs wurden bei uns benutzt wegen schnelle Schaltzeiten (1.5MHz PWM) und relativ hohe Ströme für einen Zweitfunktion der Endstufe. Bipolare Transistoren sind sicherlich auch brauchbar aber die Ansteuerung war mit MOSFETs recht einfach da Spannungsgesteuert.

    MOSFET Treiber sind durchaus sehr sinnvoll, die erlauben höhere Gate-Spannungen und Ströme als nur uC-Ausgänge, und können Totzeiten hinzufügen.
    Das Ziel ist immer die "alten" FETs schneller auszuschalten als man die "neuen" einschaltet. Das kann man entweder mit Totzeiten erreichen, oder mit Gate-widerstände die man mit Dioden in der "Ausschaltrichtung" kurzschliesst.
    Bsp N-FET: Rg=22 Ohm zw. Treiberausgang und Gate, und Diode mit Kathode zum Treiberausgang hin. Dadurch kann der Treiber die Gate-spannung schneller zu 0V bringen als er sie hochtreiben kann.

    Aber: normalerweise muss man einen Treiberausgang für jeden FET nehmen, auf jedem Fall bei einer Brücke mit 4x N-FETs. Das Problem dabei ist die hohe Versorgungsspannung von 50-100V. Angenommen man will die FETs unten links und oben rechts einschalten. Man muss dann den Gate unten links mit etwa 10V versorgen, aber den oben rechts muss man um etwa 10V höher als die Versorgungsspannung treiben, also 50+10=60V. Wenn man dann die Gates von den FETs unten links und oben rechts zusammenschaltet, würde der FET unten links 60V (oder 110V bei 100V Versorgung) auf Gate bekommen, die wenigsten FETs halten das durch. Also muss man einen Vollbrückentreiber oder zwei Halbbrückentreiber nehmen.

    Die andere Alternative ist mit 2x P-FET oben und 2x N-FET unten. dann kann man die linken und rechten FETs separat zusammenschalten, aber hat immer noch das Problem der Gate-Spannung. Daher muss man die Gates von den P-FETs kapazitiv entkoppeln und Zenerdioden zw. G-S anschliessen um zu verhindern dass die Trennkapazitäten sich mit der Zeit aufladen. Der Hersteller Supertex hat hierzu einige interessanten Appnotes/Datenblätter.

    Ein weiteres Problem der ganzen Thematik war das die Ströme wirklich Stromgeregelt waren, das heisst wir müssten den Strom messen und aktiv regeln, eine feste Versorgungsspannung hat nicht gereicht. Des weiterem mussten wir eine Idiotensichere Ûberstromabschaltung ausserhalb des Prozessors bauen (wäre blöd wenn die SW im CPU steht und der Patienten einen Elektroschock bekommt!).

    Aber ich schliesse mich PICture an, das ist nichts für den Bastelbereich, das würde ich mich auch mit meinem Hintergrund trauen!

    Lange Rede kurzer Sinn:
    1. Im Prinzip richtig aber du musst vermutlich einen Vollbrückentreiber nehmen wegen den hohen Spannungen.
    2. Appnotes von SuperTex und IR (International Rectifier) lesen um die Funktionsweise von H-Brücken zu verstehen.

  6. #6
    Erfahrener Benutzer Lebende Robotik Legende Avatar von PICture
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    Hallo nflatjor555!

    Ich hatte es vor zig Jahren in einem kleinem baterriebetriebenem Muskelstimulator mit einem Trafo und Kondensator gelöst, an die Einzelheiten kann ich mir leider nicht mehr erinnern.

    MfG

  7. #7
    Erfahrener Benutzer Fleißiges Mitglied
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    Hi PICture,

    batteriebetrieben, Trafo und Kondensator, hört sich interessant an, da lag sicher eine clevere Schaltung dahinter
    Weisst du was über welche Stromformen du damals erzeugt hattest?

  8. #8
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    Das waren, wegen seriellen Kondensator, sicher keine rechteckige, eher trapezänliche bipolare Impulse. Man konnte nur die Frequenz und die Amplitude mit Potis ändern und die Impulsbreite war fest. Es wurde in langzeitiger Therapie gegen akuten und dauerhaften Muskelschmerzen angewendet.

    Ob die Schaltung clever war, weiss ich nicht, aber sicher energiesparsame mit ein paar damaligen bipolaren Transistoren.

    MfG

  9. #9
    Danke euch allen für die tollen Antworten. Ganz besonders dir nflatjor555. Hat meinen Wissensdurst gestillt und gut beschrieben warum 2 Halbbrücken oder ein Vollbrückentreiber notwendig wären. Eigentlich eh klar. Hatte komplett versemmelt, dass bei den MOSFETs ja am Gate meistens nur +10-20V vertragen werden und wenn man High- und Lowside gleichzeitig schalten würde mit einem Treiber das natürlich nicht geht... Ausschaltzeit runtersetzen mit Diode ist auch verständlich

    Zum Thema Stromregelung. Habt ihr damals einen fertigen Regler IC vor- bzw. nachgeschalten um einen Konstanten Strom unabhängig vom Widerstand zu haben? Bei einem Therapiegerät muss man diesen Strom ja variieren können. Es nutzt nichts wenn man fix 8mA einstellt wenn man damit z.B. keine oder zuwenig Muskelreaktion erreicht.

    Und noch eine Idee. Theoretisch ist es doch durch z.B. einen BuckBoost Converter (ha... schon wieder mit MOSFet? ) ohne weiteres Möglich aus einer Batteriespannung die benötigten z.B. 60V Spannung zu erzeugen. Die Frage ist dann natürlich ob der Converter mit einer nachgeschaltenen Stromregelung zusammenarbeiten kann.

    Danke auf alle Fälle nochmal für das ganze Insight... find ich faszinierend. Erinnert mich noch an das Studium an eine der ersten Physiologieübungen. Ein Student bekam an seinem Arm demonstriert wie die Muskeln unwillkürlich arbeiten wenn man sie eben elektrisch reizt. Das witzige ist, das Gerät welches dazu verwendet wurde war aus dem Steinzeitalter. Also so ein alter Holzkasten mit den riesigen Steckkontakten wie manche von euch sie eventuell noch aus dem Physikunterricht kennen Da waren ganz bestimmt keine MOSFETs drinnen.

  10. #10
    Erfahrener Benutzer Roboter Genie
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    Meine Erfahrungen zum Reizstrom sind die eines Patienten. Auf Grund
    einer Fussverstauchung beim Grundwehrdienst vor vielen Jahren
    durfte ich ich deswegen öfters in den Ausgang, wegen der Reizstrom-
    behandlung. Das war schon mal nicht schlecht! Desweiteren durfte ich
    die Intensität des Reizstromes während der Behandlung selber erhöhen,
    quasi bis zur Schmerzgrenze. Ich fands angenehm. VG Micha

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