Hallo,
die überströmte Länge ist der halbe Umfang, sprich πd/2. Wenn du nur die Länge und die Mantelfläche als gegeben betrachtest, muss du dann über Umwege darauf schließen:
Bild hier
Warum nur den halben Umfang nehmen?
Bei der Überströmung bildet sich eine sog. Grenzschicht aus. Das ist eine Zone in der Nähe der "Wand"/des Drahtes, wo die Luft keine 110°C mehr hat und auch nicht mehr die volle Geschwindigkeit besitzt, mit der sie einst angeflogen kam. Dirket am Draht dran sind also Luftteilchen, die genau die Drahttemperatur haben und die Geschwindigkeit null besitzen (=> Haftbedingung). Die Grenzschicht bezeichnet diesen fließenden Übergang. Bei Wiki findet man davon auch ein Bildchen: hier nämlich. Wie man darauf sehen kann, nimmt die Dicke der Grenzschicht mit der überströmten Länge zu - bis zu wenigen Millimetern bei größeren Längen und nicht allzu schnellen Strömungsgeschwindigkeiten. Der Idealfall wäre, wenn die Schichtdicke null wäre, denn sie wirkt in etwa wie ein Puffer - ein zusätzliche "dämmende" (...) Schicht, kurzum: Polster. Auf dem Bild wird also aufgrund der geringen Dicke ein größerer Wärmestrom übertragen als weiter hinten. Bei einer laminaren (Gegenteil von turbulenten), also ruhigen und gleichmäßigen, Strömung ähnelt diese Grenzschicht fast einer Wurzelfunktion. Das sieht man dann auch, dass die Re in der lam. Nusseltgleichung mit der Wurzel eingeht. Genau diese Grenzschicht bildet sich auch bei dem angeströmten Draht aus. Wie sehr sie sich ausbildet, hängt eben von dieser überströmten Länge ab, also dem halben Drahtumfang (x im Bild wäre bei uns also in Umfangrichtung des Drahtes).
u ist in der Reynoldsgleichung die Strömungsgeschwindigkeit der Luft, also genau das was in meiner ersten Rechnung die gesuchte Größe war.
Hättest du statt der umfangs- die Querschnittsfläche des Drahtes genommen, wäre der Wärmewiderstand für den Draht zwar richtig berechnet, aber inhaltlich falsch angedacht. Du hast die Widerstände in Längsrichtung ausgerechnet. Also würdest du jetzt den 200mm langen Draht hernehmen und am einen Ende beheizen und gucken wollen, wie viel Wärme am anderen Ende des Drahtes ankommt. Der eigentliche Wärmetransport ist aber nicht in Längsrichtung, sondern von der Mitte des Drahtes (((Rotationsachse))) nach außen. Also wäre der Wärmewiderstand von der Mitte des Drahtes bis zum Umfang (l=d/2) interessant. Dann, am Umfang, ist diese besagte Grenzschichtsache, also das mit dem α. Der weitergehende Wärmewiderstand der Umgebungsluft wäre hier dann völlig uninteressant, da sie ja vorbeiströmt und sämtliche Wärme mitnimmt.
Was sagen dir die Zahlen?
So gesehen könnte man jetzt erstmal nur wieder die Brücke zur Elektrotechnik schlagen: Kupfer hat einen kleinen Wärmewiderstand, würde also z.B. ein ganz normales Kabel in der E-Technik darstellen. Der Spannungsabfall (bzw. hier Temperaturabfall) wäre nur sehr gering. Luft hat einen großen Widerstand, d.h. sie entspräche einem hochohmigen elektrischen Widerstand mit großem Spannungs-(/Temperatur-)abfall - eben genau das, was man bei Dämmstoffen erreichen möchte: dünne Dämmstoffwand im Haus mit außen kalt und innen warm (große Temperaturdifferenz). Mehr sagen diese Zahlen erstmal nicht, sie dienen lediglich dem Weiterrechnen.
Zum Teil habe ich versucht einige Antworten knapp zu halten, einfach um nicht zu sehr dein Gehirn zu fluten.
Wenn da also noch Fragen aufkommen, wie "das soll nochmal genauer und weiterführender erläutert werden", dann gib einfach Bescheid. Ggf werd ich auch mal dazu kommen Bildchen zu malen, die das vielleicht besser veranschaulichen. Einfach Bescheid geben!
Literatur gibt's dazu, glaub ich, sehr reichlich. Aber für Schüler wäre das meiste denke ich mal zu hochtrabend. Dass ich das so gut verstanden habe verdanke ich einem super Professor, der das richtig gut erklären konnte. An Büchern alleine wäre ich sicher auch gescheitert. Von daher empfehle ich dir: Belaste lieber meine Nerven!
Sollte dich das dennoch nicht abschrecken:
Die meisten Bücher laufen unter dem Begriff "Wärme- und Stoffübertragung" ("Stoffübertragung", weil auch bezüglich Diffusionsvorgängen lediglich ein paar Größen ausgetauscht werden müssen und man dann auch darauf alle Gleichungen anwenden kann). So zum Beispiel:
70€ Wärme- und Stoffübertragung, Springer
kA Grundlagen der Technischen Thermodynamik II. Wärmeübertragung, Wiley-VCH / Akademie Verlag
21€ Die Grundgesetze der Wärmeübertragung, Springer
und was für ganz mutige und wohlhabende:
200€ Grenzschicht-Theorie, Springer
Ggf selber nochmal suchen! Empfehlen könnte ich am ehesten das TTD II-Buch, nichtzuletzt weil's das einzige ist, was ich bisher in den Händen gehalten habe.
Grüß
NRicola
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