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Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Kondensatornetzteil - Vorteile, Gefahren, Nachteile?



Cysign
11.11.2016, 11:48
Hallo zusammen,

vor geraumer Zeit habe ich mal einen Artikel über ein LED-Nachtlicht für die Steckdose gelesen, wobei die LED über ein Kondensatornetzteil betrieben wurde.

Da immer mehr kleine mikrokontrollergroße Helfer im Haushalt einziehen, stelle ich mir die Frage, ob sich ein Kondensatornetzteil auch zum Betrieb eines einzelnen µC eignen würde.

Sicherlich sind die Gafahren (Netzspannung!) ein wichtiger Aspekt, der nicht vernachlässigt werden sollte.
Aber in erster Linie interessiere ich mich grade für die Vor- und Nachteile eines einfachen Kondensatornetzteils.

Ist dieses für Verbraucher von wenigen mA (z.B. ESP8266, Arduino + Bluetoothshield) effizienter als ein herkömmliches Netzteil?

Bis zu welchen Leistungen empfiehlt sich ein Kondensatornetzteil?

Aus welchem Bereich stammt die Idee und wird sie auch kommerziell irgendwo verwendet oder handelt es sich eher um einen Life-Hack?

Leider habe ich zu diesem Thema bisher wenig aufschlussreiche Infos finden können.

Manf
11.11.2016, 13:28
Etwas kurz kann man hiermit antworten:
https://de.wikipedia.org/wiki/Kondensatornetzteil
http://ww1.microchip.com/downloads/en/AppNotes/00954A.pdf
Im Vergleich zu kleinen preiswerten Steckernetzteilen kann man kaum etwas sparen, das Prinzip ist aber in jedem Fall interessant.
http://www.pollin.de/shop/p/ODk1OTc5/Stromversorgung/Netzgeraete/Steckernetzgeraete.html

Cysign
11.11.2016, 14:42
Beziehst du das Sparen auf den Kaufpreis oder auf den Stromverbrauch?

Ich überlege schon länger, wie ich n paar Mikrokontroller möglichst sparsam mit Netzstrom befeuern kann. Ich hatte auch schon Ideen wie: Netzteil, großes Kondensatorarray, dahinter nen Linearregler, Mikrokontroller, der die Spannung der Kondensatoren überwacht. Wenn die Spannung in den kritischen Bereich abfällt, wird das Netzteil kurz aktiviert und die Kapazität aufgeladen. Dann wird das Netzteil wieder abgeschaltet. Aber das ist bestimmt auch langfristig nicht gut das Netzteil...

oberallgeier
11.11.2016, 16:03
Das ist jetzt ne Frage auf die ich mich gleich gestürzt hatte. Aber nur so lange, bis ich Manf´s ersten Link durchgelesen hatte, und auch den nicht komplett (weil mir so etwas ähnliches schon dämmerte) :
Etwas kurz kann man hiermit antworten:
.. Aufgrund der fehlenden galvanischen Trennung ..Und das gab dann dem Vorschlag (aus meiner Sicht) den Rest

.. Im Vergleich zu kleinen preiswerten Steckernetzteilen kann man kaum etwas sparen ..denn so ein kleines Steckernetzteil für 5V mit 1A bis 2A gibts ja wirklich schon für zwei, drei Euro - und dies manchmal sogar als Schaltnetzteilchen.

Nebenbei bemerkt: ich habe hier auch die eine oder andere Energiesparleuchte (LED?) mit Anschluss direkt an 230V - Einschalten und jeder zweite UKW-Sender ist gestört. Sprich: wieviel Störung macht so ein Kondensatornetzteil?

Cysign
11.11.2016, 16:19
Die fehlende galvanische Trennung wäre für mich kein Problem, da ich meinen Mikrokontroller schön safe in ein Gehäuse packen würde, damit mir nichts passiert ;)

Die 2-3€ beim Anschaffungspreis eines kleinen Schaltnetzteils sind nicht mein Kriterium. Ich frage mich nach wie vor, ob sich ein Kondensatornetzteil im Gegensatz zum Schaltnetzteil aus Sicht der Effizienz bei Kleinstverbrauchern rechnet. Also wenn ich mir nun einen µC als Steuerung für z.B. meine Jalousien einbauen und hinterher per Smartphone steuern möchte, will ich nach Möglichkeit einen sehr geringen Jahresverbrauch für die Standby-Funktion haben. Dank Bluetooth oder Wlan wird da schon genug Energie verbraten, und wenn man nun von solchen kleinen Helferchen 10 Stück im Haus hat, summiert sich der Energiebedarf eben.

Egal ob smarte Bewässerung der Küchenkräuter, Jalousiensteuerung oder DIY-Deckenlampe. Ich würde gerne einen möglichst geringen Standby-Strom haben ;)


Weißt du denn, ob deine Energiesparleuchten mit LEDs und Kondensatornetzteil funktionieren? Theoretisch dürfte ein Kondensatornetzteil doch lediglich ein 50Hz-Netzbrummen (oder ggf. mit 100Hz ein Vielfaches davon) aussenden.

Hubert.G
11.11.2016, 18:00
Im Vergleich zu kleinen preiswerten Steckernetzteilen kann man kaum etwas sparen,
Im privaten Bereich wird das sicher zutreffen.
Wenn ich aber so betrachte in wie vielen kleinen Haushaltsgeräten anstelle von Schaltnetzteilen einfache Kondensatornetzteile verbaut sind, muss doch etwas drinnen sein. Hier wird es wahrscheinlich die Stückzahl sein die es rentabel macht.

PICture
11.11.2016, 19:49
Hallo!


Also wenn ich mir nun einen µC als Steuerung für z.B. meine Jalousien einbauen und hinterher per Smartphone steuern möchte, will ich nach Möglichkeit einen sehr geringen Jahresverbrauch für die Standby-Funktion haben.
Egal ob smarte Bewässerung der Küchenkräuter, Jalousiensteuerung oder DIY-Deckenlampe. Ich würde gerne einen möglichst geringen Standby-Strom haben ;)

Das ganze kann man doch z.B. mit einem bistabilen Relais jedesmal Ein- und danach Ausschalten. Dann ist Stanby-Strom = 0 (Null). ;)

Peter(TOO)
11.11.2016, 20:46
Hallo,

Ist dieses für Verbraucher von wenigen mA (z.B. ESP8266, Arduino + Bluetoothshield) effizienter als ein herkömmliches Netzteil?

Bis zu welchen Leistungen empfiehlt sich ein Kondensatornetzteil?

Aus welchem Bereich stammt die Idee und wird sie auch kommerziell irgendwo verwendet oder handelt es sich eher um einen Life-Hack?

Leider habe ich zu diesem Thema bisher wenig aufschlussreiche Infos finden können.
Die Idee ist schon steinalt, muss so um die 100 Jahre her sein. Trafos sind schwer und Kupfer war zeitweise Mangelware.

Das Hauptproblem ist die fehlende galvanische Trennung.
Das Problem liegt nicht nur beim Gehäuse!
Auch ein einfacher Taster braucht eine VDE-Zulassung, da die Kontakte unter 230V stehen muss auch die Isolation des Betätigungsknopfes diesen Vorschriften entsprechen. Da könnte ja einer mit einem nassen Finger ...
Auch ein z.B. Temperatursensor muss entsprechend isoliert sein.
Mit einem Kondensatornetzteil unterliegt alles, was damit galvanisch verbunden ist, den Niederspannungsvorschriften. Mit einem Netzteil mit galvanischer Trennung sind nach dem Trafo meistens nur die Vorschriften für Kleinspannung (bis 50VAC) anzuwenden.

Ein praktisches Problem ist der Einschaltmoment. Im Schlimmsten fall muss man damit rechnen, dass im Scheitelpunkt der Netzspannung abgeschaltet wurde, dann liegen am Kondensator noch rund 300V an. Nun schaltet man genau im Scheitelpunkt der anderen Halbwelle wieder ein. Den Einschaltstromstoss muss man dann mit rund 600V berechnen!
Die Grundschaltung besteht eigentlich aus einem Widerstand, welche an 230V angeschlossen wird. Der Widerstand erzeugt aber eine Menge Wärme, pro 1mA sind das 1/4W. Nun hat ein Kondensator, bei einer bekannten Frequenz einen Wechselstromwiderstand. Man ersetzt also dem Ohmschen Widerstand mit einem Kondensator und hat praktisch keine Verluste mehr (Durch die Phasenverschiebung ist der Strom erst noch gratis, den kann ein Wirkstrom-Zähler gar nicht erfassen :) ).
Nun kommt der "kleine Haken". Ein ungeladener Kondensator ist im Einschaltmoment ein Kurzschluss. Deine LED, ist dann kurz sehr hell und bleibt anschliessen für ewig dunkel.
Man braucht also einen Serien-Widerstand zum Kondensator um den Einschaltstrom zu begrenzen und hat somit einen Teil der Verluste wieder am Widerstand :-(
Die Effizienz eines Kondensator-Netzteils hängt also vor allem vom maximalen zulässigen Einschalt-Spitzenstrom ab! Je grösser dieser ist, umso höher kann man die Effizienz wählen.

Ein Teil der Anwendung war dann zuerst im Bereich Meldeleuchten, als Glimmlampen durch LEDs ersetzt wurden. Damals war noch wenig Elektronik in den meisten Geräten und folglich auch keine Kleinspannung vorhanden. Und mit einem Trafo für eine LED wird der Fön etwas unhandlich. ;-)

In den 70er Jahren kamen dann intelligente Dimmer-, Schalter, Thermostat-ICs usw., oft in einem 8-Pin Gehäuse und für direkte Versorgung aus den 230V über einen Widerstand und Kondensator. Die ICs funktionierten aber alle mit maximal 10-15V.

Mittlerweile hat man es Griff, Transistoren und Dioden für 600V zusammen mit Logik-Funktionen auf dem selben Chip herzustellen. Damit kann man Schaltnetzteile herstellen, welche direkt an 230V arbeiten und als externe Komponenten nur noch eine Drossel und Kondensatoren benötigen.


MfG Peter(TOO)

Klebwax
11.11.2016, 22:02
Die fehlende galvanische Trennung ist für mich ein No-Go, ganz unabhängig vom Wirkungsgrad. Zum zweiten liegen in einer solchen Schaltung immer bis zu 300V an, selbst wenn man beim Entwickeln und Debuggen das ganze an einem Trenntrafo betreibt. Da tut jeder Fehler weh, sowohl den Bauteilen als auch dem Entwickler.

Der Wirkungsgrad ist sicher schlechter als der eines Trafonetzteil, erst recht eines Schaltnetzteils. Billiger ist es auch nicht. Wenn das etwas länger halten soll, z.B. 10 Jahre oder mehr für eine Jalousiesteuerung, muß man schon etwas für den Kondensator ausgeben. Die billigen sterben wie die Fliegen, kann man an billigen GU10 Led-Lampen gut sehen, und reißen natürlich den Rest der Schaltung mit.

MfG Klebwax

nikolaus10
14.11.2016, 08:47
....

Ein praktisches Problem ist der Einschaltmoment. Im Schlimmsten fall muss man damit rechnen, dass im Scheitelpunkt der Netzspannung abgeschaltet wurde,
.....
MfG Peter(TOO)

Hallo

Der Threadersteller will nur einmal einschalten und nie wieder ausschalten.

Der Wirkungsgrad wird dann besser sein als ein Trafo-Netzteil.

73

Peter(TOO)
14.11.2016, 11:09
Hallo,


Der Threadersteller will nur einmal einschalten und nie wieder ausschalten.

Der Wirkungsgrad wird dann besser sein als ein Trafo
Weiss das auch das EVU?

MfG Peter(TOO)

Klebwax
14.11.2016, 13:55
Die Grundschaltung besteht eigentlich aus einem Widerstand, welche an 230V angeschlossen wird. Der Widerstand erzeugt aber eine Menge Wärme, pro 1mA sind das 1/4W. Nun hat ein Kondensator, bei einer bekannten Frequenz einen Wechselstromwiderstand. Man ersetzt also dem Ohmschen Widerstand mit einem Kondensator und hat praktisch keine Verluste mehr (Durch die Phasenverschiebung ist der Strom erst noch gratis, den kann ein Wirkstrom-Zähler gar nicht erfassen :) ).

So ganz stimmt das nicht. Die Wechselstromverluste in solchen Kondensatoren sind nicht unerheblich. Sie werden auch dementsprechen warm oder heiß. Das kann man schön an der Verfärbungen nach längerem Einsatz erkennen. Außerdem hat der andere Teil des Spannungsteilers, Gleichrichter, Spannungsregler und vor allem die Elektronik einen überwiegend realen Widerstand. Daher ist die Phasenverschiebung alles andere als 90°.

Dazu kommen dann noch die Verluste im Längsregler. Über 50% wird der bei der miesen Eingangsspannung nicht hinauskommen. Und nimmt man einen Schaltregler, kann man auch gleich ein AC/DC Schaltreglermodul (https://www.aliexpress.com/wholesale?catId=0&initiative_id=SB_20160708060115&SearchText=HLK-PM01) einsetzen.



Der Wirkungsgrad wird dann besser sein als ein Trafo-Netzteil.

Dazu würd ich gerne eine gute Begründung hören. Wenns nicht gerade darum geht, ein paar Milliwatt für eine Anzeige-LED zu erzeugen, glaub ich das mal nicht.

MfG Klebwax

Cysign
14.11.2016, 22:37
Genau das ist ja, was ich wissen möchte. Ab wo hat welches Netzteil die bessere Effizienz?
Ich könnte mir auch vorstellen mit einem Kondensatornetzteil die Standby-Funktionen (Empfang von Bluetooth) zu versorgen und im Bedarfsfall ein Schaltnetzteil für den Aktuator dazu zu schalten.

Klebwax
15.11.2016, 00:38
Ich kann das nur abschätzen. Messen ist nicht so einfach, bei diesen kleinen Leistungen wie z.B. einem ESP von ca. 1W funktionieren die gängigen Verbrauchsmesser nicht wirklich. Strom und Spannungsmessung tuts so einfach auch nicht, man muß die reine Wirkleistung messen.

Ich schätze mal nur den DC-Teil nach dem Gleichrichter: Aufgrund der relativ hohen Welligkeit und um die Unterschiede der Netzspannung auszugleichen, muß man mit einer relativ hohen Vorspannung in den Regler gehen. Setzen wir da mal 3,3V an, hat der Regler bei 3,3V Ausgang schon mal nur 50% Wirkungsgrad. Jeder weitere Verlust im Entladewiderstand und im Strombegrenzungswiderstand des Kondensators verschlechtert das. Dazu dann noch die Kondensatorverluste.

Zu schlagen ist das
32200

Das stammt aus einem Datenblatt von Recom. Gegen die 60 bis 70% hat schon der Längsregler verloren, selbst wenn man alle anderen Verluste vernachlässigt.

Und selbst wenn der Wirkungsgrad eines Kondensatornetzteils etwas besser als die 60 bis 70% eines Schaltwandlers wären, die fehlende galvanische Trennung wären mir die paar Watt nicht Wert. Da hab ich mehr eingespart, indem ich letzte Woche die Lampe im Bad durch eine LED-Leuchte ersetzt habe. Und das, ohne "kribbeln" in den Fingern.

MfG Klebwax

Peter(TOO)
15.11.2016, 01:51
Genau das ist ja, was ich wissen möchte. Ab wo hat welches Netzteil die bessere Effizienz?
Ich könnte mir auch vorstellen mit einem Kondensatornetzteil die Standby-Funktionen (Empfang von Bluetooth) zu versorgen und im Bedarfsfall ein Schaltnetzteil für den Aktuator dazu zu schalten.
Die Frage ist nicht allgemein zu beantworten.

Grundsätzlich kommen für stabilisierte Kondensator-Netzteile hauptsächlich nur Shunt-Regler in Betracht. Bei einem Längsregler hat man schnell die ganze Netzspannung am Stellglied anliegen. Nur haben aber Shuntregler einen schlechten Wirkungsgrad. Die Stromaufnahme ist konstant, egal welchen Strom die Last gerade zieht. Das andere Problem ist, dass der Eingangsstrom, bei der kleinsten Eingangsspannung im Minimum dem maximalen Laststrom entsprechen muss.

50Hz Trafo vs. Kondensator.
Hier hat der Kondensator beim Gewicht, Kosten und der Grösse bei kleinen Leistungen einen Vorteil.
Die Grenze lag bei ein paar Watt aufgenommener Netzleistung.

Schaltregler vs. Kondensator.
Schaltregler waren für diesen Zweck recht aufwändig. Besonders für den Hochvolt-Teil mussten externe Transistoren verwendet werden. Das benötigt auch Platz.
Auch hier lag die Grenze bei ein paar Watt. Zumindest auf Platz und Gewicht bezogen.

Durch die Vorschriften für den Standby-Verbrauch (Der Standby-Verbrauch darf Teilweise nur noch 0.1W betragen.) und das Glühlampenverbot kommen gerade Schaltregler mit auf dem Chip integrierten 600V Halbleitern auf den Markt. Damit ist es möglich mit einer externen Drossel und ein paar Kondensatoren einen kompletten Schaltregler ohne galvanische Trennung aufzubauen.
Die Antworten dürften in nächster Zeit wohl monatlich anders lauten.

MfG Peter(TOO)

Manf
15.11.2016, 09:35
Das führt dann zu dem Capacitor-Coupled, Switched Shunt, (CCSS) Regulator der mit seinen Daten so beschrieben ist:

► Efficiencies up to 75% at 20mA
► Less than 20mW standby power
► Optional 6.0V, 12V or 24V fixed output voltage, or adjustable from 6.0V to 28V
► Output current scalable up to 50mA
► 120VAC to 240VAC input
► No magnetics
► Inherent short circuit protection

Nicht zu vergessen der Betrieb an Netzspannung, im Gegensatz zu einem fertigen Netzteil.
Wenn man es nicht gewohnt ist etwas am Netz zu installieren was dort unbeaufsichtigt über Jahre arbeiten soll dann kann das Netzteil immer noch günsitiger sein.

http://ww1.microchip.com/downloads/en/DeviceDoc/SR10%20B080613.pdf
http://ww1.microchip.com/downloads/en/AppNotes/AN-H65%20A040413.pdf