Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Beeinträchtigt eine Reibkraft die maximale Robotertraglast
revellix
23.02.2013, 16:53
Hallo Leute,
ich bin per Zufall auf dieses Forum gestoßen und bin neu hier. Ich studiere Robotik an der Uni Hannover und schreibe gerade meine Diplomarbeit. Ich hätte da eine Verständnisfrage und hoffe ihr könnte mir helfen.
Ich benutze einen Roboter mit einer maximale Traglast von 20kg. Der Greifer ist so entworfen, dass dieser einen Gegenstand zieht bzw. schiebt. Folglich entsteht eine Reibkraft zwischen dem Boden und dem Gegenstand. Normalerweise stelle ich mir das so vor, dass der Roboter bei einem Gesamtgewicht von 20kg den Endeffektor frei in der Luft beschleunigen kann. Dafür ist er ja ausgelegt. Wenn jetzt jedoch die 20kg auf dem Boden gezogen werden, muss der Roboter zusätzlich die Reibkraft überwinden und das auf Kosten der maximalen Traglast. In Zahlen ausgedrückt nochmal plus 0,1...0,5 der Gewichtskraft je nach Bodenbeschaffenheit. Damit ergibt sich eine Last von 22...30kg am Endeffektor.
Sehe ich das richtig, oder hat diese Reibkraft keinen Einfluss auf die Gesamtraglast und der Roboter meldet mir keine Überlast?
Vielen Dank im voraus.
BurningBen
23.02.2013, 17:42
Ich würde sagen, der Roboter hebt ja dabei das Gewicht nicht an, also ist die Gesamtlast lediglich die Reibkraft.
Und die ist ja kleiner als die Gewichtskraft.
revellix
23.02.2013, 17:48
Eventuell habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Es geht darum die Last auf einer Seite anzuheben (Halbe Gewichtskraft am Endeffektor) und diese dann zu ziehen. Frage:
Die entstehende Reibkraft addiert sich zu der Gesamtlast auf Kosten der Robotertraglast oder ist diese nicht relevant für die Robotertraglast, sondern nur das angehobene Gewicht (bzw. die Gewichtskraft). Primär ist die Robotertraglast entscheidend. Kann ich bei einem 20kg Roboter einen 20kg Gegenstand ziehen oder muss ich die Reibkraft auf das Gewicht des Gegenstandes addieren?
Meine Theorie ist folgende (nur ein Gedankenspiel....sicher bin ich nicht ;) ):
Die Tragfähigkeit wird von der Gesamtkraft beeinflusst. Die Reibkraft ist aber die Normalenkraft - (Normalenkraft * (1 + Reibzahl)).
Das sind zwei verschiedene Kräfte.
Das heißt wenn du etwas anhebst hast du die Kraft in zwei Teile zerlegt, Normalenkraft und Gewichtskraft. Die Summe aus beiden Kräften unter Berücksichtigung des Winkels ergibt dann die Gesamtkraft.
Das ist ja quasi dieses Prinzip hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Hangabtriebskraft
Du hast dann einmal die Gewichtskraft + der Reibung (das ist der Teil der auf dem Boden liegt) und dann die Hangabtriebskraft des angehobenen Teils.
Die beiden Kräfte zusammen ergeben eine Gesamtkraft und von daher würde ich sagen ja die Reibung beeinflusst in solchen Fällen die Gesamttragfähigkeit.
revellix
23.02.2013, 18:14
Nicht ganz richtig.
Die Gewichtskraft wirkt beim Anheben trotzdem in die negative z-Richtung. Dir Normalkraft entspricht der Auflagerkraft auf dem Boden. Daraus ergibt sich die Reibkraft. Die Frage ist ob das Überwinden der Haftreibung Einfluss auf die Gesamttraglast hat.
Nicht ganz richtig.
Die Gewichtskraft wirkt beim Anheben trotzdem in die negative z-Richtung. Dir Normalkraft entspricht der Auflagerkraft auf dem Boden. Daraus ergibt sich die Reibkraft. Die Frage ist ob das Überwinden der Haftreibung Einfluss auf die Gesamttraglast hat.
Danke für die Korrektur.
Wenn die Reibkraft mit in der Gesamtkraft drin steckt, wird die Gesamtkraft automatisch kleiner sobald die Haftreibung verschwindet, sprich man die Reibung überwunden hat. Oder sehe ich das falsch?
revellix
23.02.2013, 18:39
Richtig, aber die Gleitreibung bleibt bestehen. Insofern bleibt eine zusätzliche Reibkraft bestehen. Ich weiß nur nicht, ob es Auswirkungen auf die Robotertraglast hat.
Kommt wohl drauf an, obs wirklich um die reine Traglast geht, die begrenzt ist, damit der Roboter sich z.B. nicht selbst aushebelt und umstürzt, irgendwelche Laufschienen/Halterungen überlastet etc.
Oder ob es z.B. um die Belastung der Gelenke, auch beim Beschleunigen von Massen geht.
Im ersten Fall ist die Methode günstiger, weil er nur ca. das halbe Gewicht hebt - die zusätzliche Reibkraft wirkt in eine andere Richtung - passt (könnte evtl, sogar mehr bewegen als anders zulässig).
Im zweiten Fall würde die Reibung zusätzlich zur Massenträgheit ins Gewicht fallen - die Belastung ist höher.
Dann müsste man entweder die Bewegte Masse reduzieren, oder die Bewegungsgeschwindigkeit.
Hangabtriebskraft kommt hier aber m.E. nicht vor.
Man hat zwar einen Schiefstehenden Körper, aber nicht auf einer schiefen Ebene, an der er entlanggleiten will, um der Schwerkraft zu folgen...
Gruß Ryoken
revellix
23.02.2013, 21:55
Klingt schon mal ganz gut.
Heißt das ich könnte durch das Anheben (halbe Gewichtskraft = 20kg) bei einem Roboter mit 20kg max. Traglast das Gewicht anheben und ziehen, ohne die Reibkraft zuberücksichtigen? Oder wird die Reibkraft mit reingerechnet wird und ich muss das gewicht reduzieren.
Hallo,
abgesehen von den theoretischen Überlegungen, hängt es auch von anderen Faktoren ab, ob ein realer Roboter bei so etwas eine Überlast melden wird.
Erstens geben viele Hersteller zwei Traglasten an, die Maximallast und die kleinere Nennlast. Nur die Nennlast ist in allen normalen Bewegungssituationen erlaubt, die Maximallast wird häufig nur unter bestimmten Armstellungen bei reduzierter Beschleunigung und Geschwindigkeit erlaubt. In der Regel steht das im Handbuch. Dort gibt es auch meist Diagramme oder Formeln, wie sich die Last reduziert, wenn sie nicht direkt am Handflansch angebracht ist. Meist gibt es auch noch Grenzwerte z.B. für das maximale Trägheitsmoment am Flansch.
Normalerweise ist es aber so, dass ein Industrieroboter nicht gleich auseinander fällt, wenn man diese Werte überschreitet. Diese Maschinen sind für den Dauerbetrieb ausgelegt, eine Lastüberschreitung wirkt sich erst einmal auf die Lebensdauer der Getriebe aus, sowie auf Positioniergenauigkeit und Bahntreue. Letzteres sowohl aus mechanischen Gründen, aber auch weil die Motorregelung an ihre Grenzen stößt.
Ob dann aber eine Fehlermeldung kommt, ist ein sehr herstellerspezifisches und auch vom Alter der Steuerung abhängiges Thema. Im einfachsten Fall wird nur Motorstrom und Temperatur überwacht, sowie der Schleppfehler (Abstand zwischen Soll- und Istposition) auf der Bahn. Im komplizierten Fall ist die Lastüberwachung mit einer intelligenten Kollisionserkennung verwoben, d.h. die Steuerung gleicht die reale Roboterbewegung mit einer simulierten ab und meldet einen Fehler, wenn der Unterschied zu groß wird. Da muss man dann im Überlastfall versuchen den Fehler "wegzukonfigurieren".
In der Praxis wird man, wenn einem die Lebensdauer am Herzen liegt, immer etwas von der Nennlast wegbleiben. Ansonsten kann man alles dranhängen, was keine Fehlermeldung verursacht, eine Weile wird es schon gutgehen.
Christian H
24.02.2013, 11:50
Denke dass F3 zu den 20 Kg dazukommt. Jetzt hängt´s natürlich noch von der Form der Last ab, wie sich das Gesamtgewicht auf den Boden und den Roboterarm verteilt.
Grüße
Christian
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