Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Fußkraftsensor Humanoidroboter
Hey Leute,
ich versuche, die Füße eines humanoiden Roboters mit Kraftsensoren auszustatten, um zu messen, mit welcher Kraft der Roboter auf den Boden drückt. Daraus soll letztendlich der Schwerpunkt des Roboters berechnet werden. Zur Wahl des richtigen Sensors würde ich mich über eure Erfahrungen und Tipps sehr freuen. Aber alles der Reihe nach...
Anforderungen
Die Sensoren sollen an der Fußunterseite angebracht werden. Selbige besteht aus einem harten Material. Der Untergrund ist weich, überwiegend Teppichboden. Der Roboter nutzt das Rutschen seiner Füße um schneller zu sein, dieser Effekt darf nicht verloren gehen. Des Weiteren soll das gewünschte Sensorsystem (wie auch immer geartet), günstig und mit möglichst geringem Aufwand reproduzierbar sein, da mehrere Roboter damit
ausgestattet werden sollen. Die Messwerte werden durch einen µC ausgewertet.
Daraus ergeben sich im Wesentlichen folgende Kriterien:
sehr flach (< 1mm bzw ein Messstreifen)
einfach anzusteuern, passiv, gut montierbar
möglichst unempfindlich gegen Querkräfte (Rutschen soll Messwerte nicht signifikant verfälschen)
5V Spannungsversorgung
Preis pro Stück unter 5€ (bzw pro Fuß für Sensoren max 15-20€)
Messbereich: 0...100N
Ansätze
FSR: Erscheint mir naheliegend, erfüllt auch die im Wesentlichen Kriterien. Allerdings habe ich gelesen, dass diese Sensoren sehr störanfällig sind und für quantitative Messungen weniger geeignet. Was meint ihr dazu? Nichtsdestotrotz benötige ich Alternativen, um abwägen zu können.
DMS: Dieser Sensortyp ist mir bei meiner Suche gefühlte tausend Mal über den Weg gelaufen und scheint in Sachen Qualität der Messung durchaus gut. Allerdings hilft er mir nicht weiter, da ich ja mit einem weichen Untergrund arbeite. Habt ihr vielleicht eine Idee, ihn dennoch irgendwie nutzen zu können? So Sandwich-mäßig eine zweite Sohle anzubringen mit Sensor dazwischen wäre vielleicht ein Ansatz, bleibt die Frage nach einfacher Befestigung sowie dem Preis.
Biegesensor: Bin ich eher zufällig drauf gestoßen. Die Problematik hierbei wäre eine sinnvolle Konstruktion um ihn zur Kraftmessung zu nutzen und natürlich die Frage, ob das nicht zu viel Aufwand im Vergleich zu den Alternativen wäre.
Piezoelektrischer Sensor: Liefert wohl auch gute Ergebnisse, ist günstig usw, aber misst nur eine Kraftänderung. Wäre aber praktisch, da man die Werte etwas leichter messen könnte, als beim FSR (wegen Ladungsänderung statt Widerstandsänderung). Hat damit vielleicht jemand Erfahrungen?
Kapazitive Sensoren: Hab ich bisher nichts Konkretes finden können, das die Anforderungen erfüllt. Scheint mir im Prinzip aber durchaus vielversprechend. Lediglich wegen eventueller Scherung durch die Querkräfte müsste man aufpassen.
Soweit mal meine eigenen Ansätze im Groben. Im Prinzip ist aber alles möglich, was die oben genannten Anforderungen erfüllt. Wünschenswert ist dabei eine möglichst lineare Kennlinie.
In erster Linie geht es mir im Moment um die geeignetste Technik und darum, ob ihr vielleicht noch andere Ideen für Ansätze habt oder Erfahrungen mit der Thematik. Welcher Sensor letztendlich gekauft werden sollte, würde ich hier zwar auch gerne klären (hab bisher zu jedem Ansatz das ein oder andere Modell), aber das können wir auch gerne erstmal hinten anstellen.
Ich hoffe das ist jetzt nicht zu viel Text auf einmal...
Über eure Hilfe jeder Art würde ich mich sehr freuen!
Viele Grüße,
Phil
Besserwessi
29.11.2011, 19:25
Wenn man Bereich 5 EUR bleiben will, wird wohl vor allem der Kapazitive Sensor in Frage kommen.
Eine noch nicht genannte Alternative wäre ggf. ein Sensor über den magnetoelastischen Effekt: Die Induktivität einer spule Ändert sich, wenn man auf den Kern Kräfte ausübt - mit nur 1 mm Höhe wird das aber eher nichts.
Hey Besserwessi,
erstmal danke für deine schnelle Antwort!
Wüsstest du denn ein Beispiel für einen kapazitiven Sensor? Wie gesagt, ich hab leider keinen Brauchbaren gefunden, was insbesondere (und eigentlich an nichts anderem) an der Höhe liegt. Das Dünnste, das ich gefunden habe, waren 4mm.
Der Vorteil an diesen Sensoren ist, dass sie theoretisch bis auf wenige Millimeter berührungsfrei messen könnten. Man könnte also vielleicht darüber nachdenken, sie auf der Oberseite der Sohle anzubringen um damit dickere Sensoren zuzulassen. Dünn genug wäre die Sohle sogar je nach Sensor. Das Problem ist nur, dass sie aus Stabilitätsgründen aus Metall besteht. An der Seite darf auch nichts rausragen.
Fangen wir erst mal von Boden an! Wie sehen diese Fußen aus? Wie können sie daran Befestigt werden? Wie biegsam sind die Fuße?
sehr flach (< 1mm bzw ein Messstreifen)
An den Füßen soll das Gewicht gemessen werden.
Sicher wird es sehr schwierig unterhalb der Füße, denn dort säße der Sensor zwischen der Fussunterseite und der unbekannten Umgebung (hart, weich, uneben, schmutzig).
Reproduzierbar wird es eher in der Aufhängung der Füße oder im Bein.
die Unterbringung in den Beinen würde ich auch aus technologischen Gründen für besser halten.
Ansonsten käme noch am ehesten ein induktiver Wegaufnehmer infrage.
Konfiguration:
- Fußsohle aus Eisen
- darüber eine Topfspule (meinetwegen in einem Ferrittopfkern
- bewegt sich die elastisch gelagerte Eisensohle gegenüber der Spule. ändert sich die Induktivität
- Spule mit Kondensator bildet Schwingkreis , dessen Frequenz sich deutlich ändert als f(Abstand)
Elektronisch wäre das noch die einfachste und zuverlässigste Lösung.
Kapazitiv ist durch die äußerst geringen Kapazitäten schwierig und aufwendig.
DMS (wenschon, dann Halbleiter-DMS wegen größerem K-Faktor) sind aufwendig stabil zu messen und ein DMS kostet allein schon 5€
Das Hauptproblem wird aus meiner Sicht die Mechanik innerhalb der Sohle. Eine Tellerfeder wäre da sicher gut. Aber weiß nicht, wie klein und wie weich es die gibt...
Wie sehen diese Fußen aus? Wie können sie daran Befestigt werden? Wie biegsam sind die Fuße?
Die Füße selbst sind im Prinzip eine einfache, dünne Metallplatte. Also nicht biegsam, dafür bieten sie eine glatte und feste Oberfläche. Die Sensoren könnten an der Unterseite idealerweise angeklebt werden, aber das Wie ist dabei relativ egal, wichtig ist halt, dass es dünn bleibt.
unbekannten Umgebung (hart, weich, uneben, schmutzig)
Der Boden ist bekannt, es handelt sich um einen dünnen Teppichboden (eher so eine Teppich-Matte) auf festem Untergrund. Aber du hast natürlich Recht, toll wärs, wenn der Boden egal wäre.
Reproduzierbar wird es eher in der Aufhängung der Füße oder im Bein.
die Unterbringung in den Beinen würde ich auch aus technologischen Gründen für besser halten.
Das "Problem" ist, der Roboter als solcher existiert bereits und funktioniert. Er läuft und wenn er umkippt, was er zuverlässig erkennt, steht er aus jeder Position wieder auf. Die Sache ist halt, dass er "Laufen" als festen Bewegungsablauf implementiert hat und nicht merkt, wenn ein Hindernis verhindert, dass er nach einem Schritt wieder fest auf dem Boden steht. Dann hebelt er sich aus und kippt um, das soll verhindert werden (in erster Linie, später wäre eine Optimierung der Bewegung unter Einberechnung des aktuellen Schwerpunkts sicher sinnvoll). Ein kompletter Umbau des Roboters wäre dafür aber zu aufwendig und auch zu riskant. Es sollte also möglichst dabei bleiben, etwas Flaches an der Fußunterseite anzubringen oder ggf etwas nicht allzu großes auf der Oberseite des Fußes, die noch weitgehend frei ist, anzubringen.
bewegt sich die elastisch gelagerte Eisensohle gegenüber der Spule
Bin mir nicht sicher, ob ich dich da richtig verstehe. Meinst du das so, dass der Sensor die Neigung des Fußes (also der Sohle) gegenüber der Spule (die in der Gegend des Schienbeins angebracht wäre) misst? Also die Neigung des Fußes könnte durchaus geeignet sein, interessante Idee. Werde mal darüber nachdenken. Denkst du denn, dass das preislich machbar wäre?
ein DMS kostet allein schon 5€
Natürlich ist es auch das Ziel, eine möglichst günstige Lösung zu finden. Aber der Preis von 5€ war durchaus nur auf den Sensor als solchen bezogen, die Elektronik usw ginge nochmal extra.
Nicht biegsame Metallplatte als Fuß und dünner Teppichboden auf der anderen Seite. Der Sensor dazwischen soll die ganze Kraft messen die auf dem Fuß lastet.
Entweder der Sensor leitet die gesamte Kraft zwischen Fuß und Boden, dann berührt der Plattenfuß selbst den Boden nicht mehr oder der Sensor mißt die Kraft auf einem Teil der Fußfläche, dann hängt die Berechnung der Gesamtkraft von der Lastverteilung über der Fußfläche ab, vom Aufstellwinkel der (elastisch?) am Bein befestigten Fußplatte.
Eventuell reicht ja auch die Bestimmung der dynamschen Kräfte. Dies kann mit einem Beschleunigungssensor geschehen. Die statischen Kräfte sollten ja aus der Masse des Roboters bekannt sein.
der Sensor mißt die Kraft auf einem Teil der Fußfläche
Ja, das war der Gedanke dabei. Ich überlege allerdings, ob eine Sandwich-Lösung vielleicht doch sinnvoll wäre. Zwar nicht mit DMS, da dieser schätzungsweise besonders anfällig für Querkräfte wäre, aber vielleicht mit FSR an den Klebestellen. Also dass man vier oder fünf (falls man noch einen in der Mitte braucht) Klebepunkte hat, die man mit jeweils einem FSR ausstattet. Dann würde sich die komplette Kraft auf diese Sensoren aufteilen. Diese Lösung wäre sicher deutlich sinnvoller, wenn man eine undefinierte Kraftverteilung über die Fußfläche hätte, weil der Roboter zum Beispiel auf ein Hindernis tritt.
Eventuell reicht ja auch die Bestimmung der dynamschen Kräfte.
Also Beschleunigungssensoren sind ja im Roboter drin. Allerdings ist mir gerade nicht ganz klar, wie daraus die Kräfte gemessen werden können, die auf den Fuß wirken, um den Schwerpunkt zu bestimmen. Wie hattest du dir das denn genau gedacht?
@Thoralf: Vorausgesetzt ich habe deinen Vorschlag mit der induktiven Messung ansatzweise richtig verstanden, habe ich mal etwas genauer drüber nachgedacht. Ich habe leider keine Idee, wie ich daraus die genaue Kraft berechnen kann, die auf den Fuß wirkt. Wie hattest du dir das denn überlegt? Abgesehen davon scheint mir die Konstruktion durchaus geeignet um festzustellen, ob der Bewegungsablauf wie geplant ausgeführt wurde bzw wird. Man könnte innerhalb eines gewissen Toleranzbereichs die tatsächlich Fußneigung mit jener vergleichen, die er gemäß seiner geplanten Bewegung zu diesem Zeitpunkt haben sollte. Weicht dieser Wert zu stark ab, verhindert möglicherweise ein Hindernis die weitere Bewegung ordnungsgemäßg auszuführen. Allerdings hätte ich auch an dieser Stelle keine Idee, wie der Roboter das erkannte Problem dann zielführend beheben kann. Für weitere Hilfe wäre ich dankbar.
Besserwessi
30.11.2011, 16:47
Wenn man es richtig macht, ist die Kapazitive Lösung nicht Aufwendig und so kleine sind die Kapazitäten nicht. Eine Auflösung im fF Bereich ist keine große Kunst. Das größere Problem ist der Mechanische Teil. Nicht umsonst arbeiten viele der billigen Waagen (Preisklasse unter 20 EUR) mit einer Kapazitiven Abstandsmessung und nicht mit DMS.
Bei der Induktiven Kraftmessung kann man auch Statische Kräfte messen und nur den entlasteten Zustand beim Laufen gelegentlich als Nullabgleich nutzen.
Induktiv gibt es noch ein andere Möglichkeit: Wenn ein weichmagnetischer Ferritekern mechanisch belastet wird, ändert sich die Induktivität - je nach Kern und Kraft durchaus merklich (mit einem Beispielkern von Pollin (Best.Nr. 250 274) komme ich mit der Kraft der Finger auf gut einen Faktor 2). Für den Sensor hier müsste man aber wohl einen kleineren Kern nehmen.
prima Idee mit dem magnetoelastischen Effekt.
Das wäre bei meinem eignen Projekt DIE Lösung.
Selbst kleine Kräfte liessen sich genau messen:
- ein Schwingkreis mit Ferritkern zur Kraftmessung
- ein zweiter Schwinkreis zur Temperaturkompensation
- Differenz = Kraft
leicht messbar und gut auch in beengte Platzverhältnisse einbaubar und vorallem billig
Besserwessi
05.12.2011, 16:22
Besonders genau wird eine Messung über den Magentoelastischen Effekt nicht sein - dafür ist vermutlich der Temperatureinfluss, und auch die variable Refelxion von Schallwellen die vom Kern ausgehen verantwortlich. Auch die Kräfter der Spule auf den Kern sind schon ein Problem. Man hat aber einen realtiv hohe Auflösung und kann bei der Anwendung hier kann man relativ leicht wiederholt einen Nullabgleich machen. Der Vorteil ist eher der einfache Aufbau. Ein Kern mit variablem Luftspalt ist ggf. aber besser von der Genauigkeit.
Ein Kern mit variablem Luftspalt ist ggf. aber besser von der Genauigkeit
der K-Faktor sollte eigentlich auch größer sein als bei Magnetoelastik.
Du überzeugst mich immer mehr, dass das eine Lösung für mein Problem ist. ;-)
HannoHupmann
06.12.2011, 09:44
Klingt nach dem Thema meiner Diplomarbeit :) Ist ne komplizierte Sache und das was ich damals als Lösung verwendet habe ist weit über dem Budget.
Übirgens nur mal so zur Info, der Schwerpunkt des Roboters kann sich auch außerhalb der Fussfläche befinden. Dann wirst du ihn mit den Sensoren nicht mehr bestimmen können.
Ok, was du so zum magnetoelastischen Effekt schreibst, Besserwessi, hört sich gut an. Bleibt halt nur die Frage, ob sich das auch hinreichend einfach und ebenso günstig wie die Alternativen realisieren lässt. Ich schau mal, ob ich was in der Richtung finde. Aber du hast Recht, der Kern, den du genannt hast, ist in der Tat etwas zu groß. Ich weiß aber nicht, ob es überhaupt so dünne Kerne gibt.
Anfang nächster Woche wird die Entscheidung getroffen, welche Technik wir verwenden. Bis dahin ist noch Zeit für Ideen und Vorschläge. Im Moment ist unser Favorit nachwievor der FSR, weil ich da einige konkret mögliche Sensoren bereits ausfindig gemacht habe und wir von einem funktionierenden Beispiel wissen, bei dem das ebenfalls eingesetzt wird. Also mal schauen ob ich noch was zum magnetoelastischen Ansatz finde, wär sicher ne gute Alternative.
Klingt nach dem Thema meiner Diplomarbeit
Na das hört sich doch super an! Auch wenn wir deine Lösung offenbar nicht verwenden können, hast du vielleicht mit den hier diskutierten Ansätzen in diesem Rahmen irgendwelche Erfahrungen gemacht bzw. Vorschläge, was davon am realistischsten ist? Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fachgebiets Mess- und Sensortechnik meiner Uni hat mir bereits eine Studienarbeit geschickt, die erörtert welche Technologien denkbar wären (auch wenns letztendlich um was im Bereich Medizintechnik ging). Das hat für den Anfang sehr geholfen.
Achja, sorry wegen der Formulierung. Streng genommen geht es hintergründig um die Messung des ZMP, nicht des Schwerpunkts. Aber Thema sind ja eh die Sensoren. ;)
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