Archiv verlassen und diese Seite im Standarddesign anzeigen : Unerklärbarer Kontaktabbrand bei Relais??
Hallo zusammen,
ich habe folgende Applikation: Ein DC Motor wird über eine Relais- H-Brücke angesteuert. Wenn ein Relais schaltet dreht sich der Motor links oder rechts herum, bis er nach ca. 50 ms gegen einen Anschlag fährt. Kurz darauf wird das Relais wieder abgeschaltet, dies geschieht also beim Kurzschlussstrom des Motors der bei rund 60A liegt.
Durch das Zurückfallen des Relais werden beide Motorklemmen wieder auf Masse gelegt.
Ich hatte nun bei der Anwendung nach einigen Tausend schaltvorgängen einen dicken Kurzschluss, der nach kurzer Analyse daraus resultierte, dass sich im Relais Kontaktmaterial vom Gemeinsamen Kontakt auf den Öffnerkontakt übertragen hat (siehe Fotos). Es ist also am Gemeinsamenkontakt ein richtiger Krater entstanden und am Öffnerkontakt ein Materialberg.
Jetzt die große Frage: Wie kann sowas passieren??? Ich kann es mir einfach nicht erklären.
Hubert.G
19.08.2007, 10:21
Ich nehme mal an das du keinen Snubber (R/C-Glied) parallel zu den Relaiskontakten geschaltet hast. Wenn das Relais abfällt entsteht ein Funken der erst bei einem gewissen Abstand der Kontakte abreisst. Dadurch entsteht auch die Materialwanderung. Ich habe schon Kontakte die nicht weit genug geöffnet haben total abbrennen gesehen.
Im Augenblick des Kontaktöffnens wird der C über den R aufgeladen, sodaß kein Funken am Relaiskontakt entsteht. Wenn der C aufgeladen ist sollte der Kontakt soweit offen sein das kein Funken mehr überspringt.
Snubberdimensionierung: R = 1Ohm pro V, C = 100n pro A
Hubert
Das mit der Funkenlöschung ist schon eine sehr gute Idee.
Allerdings würde ich versuchen den Motorstrom schon vor der mechanischen Blockade des Motors abzuschalten.
Durch die Masseträgheit wird der Motor sicher noch etwas weiter laufen (an den Anschlag), der Strom ist aber noch nicht auf 60A angestiegen und damit für die Relaiskontakte leichter zu beherrschen.
Bei 60A wird es auch trotz Funkenlöschkreis sehr kräftige Abreißfunken geben.
Hallo Hubert,
eine derartige Ursache habe ich auch schon in Betracht gezogen, das seltsame dabei ist ja nur, dass die Materialwanderung nicht am Arbeitskontakt entsteht, sondern am Öffnerkontakt. Und dort entsteht kein Abreißfunke, der entsteht am Arbeitskontakt.
Am Öffnerkontakt passieren nur zwei Vorgänge: Zum einen werden die beiden Motorkontakte beim Rückfallen des Relais kurzgeschlossen, daraus kann dann im Zweifelsfalle ein Bremsstrom resultieren, wobei die Drehzahl des Motors - wenn überhaupt noch vorhanden - sehr gering ist, da der Motor im Nennbetrieb gegen einen Anschlag fährt und somit steht.
Zum anderen fließt über den geschlossenen Öffnerkontakt (also Relais im nicht angezogenen Zustand) auch der Motorstrom, da die Schaltung ja aus 2 Relais besteht, bei dem je nach Drehrichtung das eine oder das andere Relais anzieht.
Andere Vorgänge am Öffnerkontakt sind mir nicht bekannt und im BEtrieb lässt sich auch kein Funkenübergang erkennen... :-k
Hubert.G
19.08.2007, 10:44
Das ist interessant, es muss aber ein größerer Strom fließen, sonst würde keine so starke Materialwanderung stattfinden. Vieleicht gibt es doch Situationen bei denen beide Relais anziehen und dadurch am Öffner ein Funken entsteht.
Hubert
Das seltsame an der Sache ist auch die Form der Materialwanderung. Am Öffnerkontakt hat sich ein richtig spitzer Berg gebildet, der ca. 2mm beträgt, am Gemeinsamen Kontakt das enstprechend ausgehöhlte Gegenstück. Diese Form deutet für mich ganz klar auf einen kontinuierlichen Aufbau hin, der nach und nach nach tausenden von Schaltvorgängen entstanden sein muss.
Es gibt noch eine Alternative die ich in Betracht ziehen könnte, und zwar wird die Schaltung im Betrieb permanent Motorvibrationen ausgesetzt. Eventuell kommt es im Betrieb vor, dass es durch die Vibrationen immer wieder zu kleinen Kurzschlüssen kommt weil die Kontakte aneinanderkommen? Aber es wäre schon sehr sehr seltsam, die Schaltung ist abgesichert und es sollte dann doch auffallen wenn es zu kurzschlüssen kommt... und diese Spitze Form der Materialwanderung ist mir wie gesagt so suspekt....
Wenn durch die motorspulen 60A fließen, ist es egal ob der motor steht oder nicht, das magnetfeld ist trotzdem vorhanden, und das entlädt sich induktiv umgepolt..
In deinem fall wohl hauptsächlich über den bremskontakt..
Wenn du 60A durch eine spule jagst, gibt es genauso einen induktionsfunken beim abschalten, auch wenn es gar kein motor ist.
Die Belastbarkeits der Relais in sachen Schwingungen kannst du im datenblatt nachlesen.
Wäre eine elektrische Schaltung (Mosfets) statt des Relais möglich ?
Andere Möglichkeit wäre einfach,
dass das Relais einen Defekt bekam, und der Berg erst beim durchbrennen entstanden ist.
achja:
Je größer die Sicherungen, umso länger dauert es bis sie durchbrennen..
Hi!
Also ein Schaltplan der Relaisschaltung hätte das Lesen massiv deintesiviert...
Das Bild zeigt deutlich, dass der Kontakt ganz einfach überlastet ist. Ohne Schaltplan, Datenblatt des Relais und genauere Kenntnis des Systems schwer zu sagen, warum genau. Vielleicht gibt es irgendwo noch eine Kapazität?
60A induktiv mit diesem Relais zu schalten ist jedenfalls äußerst optimistisch. Und das ganze noch ohne Funkenlöschung? Offenbar hat während des Öffnens das System seine Energie noch nicht entladen und tut dies über diesen Kontakt. Eine Verzögerung in Verbindung mit Funkenlöschung könnte daher helfen.
Aber letztendlich verwendet man in einem solchen Fall Schütze, die eine entsprechende DCx Zertifizierung besitzen. Das DCx steht für eine DC Belastbarkeit der Art "x", nachzulesen in IEC 947 und EN 60947, wenn ich mich nicht irre.
Wird das nicht beachtet, ist eine Frage der Zeit, bis es wieder passiert.
Gruß
Hallo zusammen,
ich beschäftige mich immer noch mit der Problematik und habe bisher keine Lösung gefunden.
Einen Schaltplan habe ich mal auf Wunsch reingestellt. Ist ganz einfach, zieht K1 an linkslauf, bei K2 rechtslauf. Nur warum diese Materialwanderung entsteht verstehe ich nicht - aber ich möchte es unbedingt verstehen, alleine weil es mich jetzt einfach interessiert :-k
Hier also noch ein mal eine genauere Beschreibung über die technischen gegebenheiten:
Bei der Apparatur wird der Motor für etwa 70ms angesteuert, dreht gegen eine Federkraft bis er nach ca. 60 bis 65ms einen Anschlag erreicht. Wenn das Relais abfällt dreht die Federkraft den Motor wieder in seine Ausgangsposition. Man beachte in Betracht auf die Problemstellung hier auch, dass die Relais den Motor bremsen und dabei auch ein Bremsstrom fließt.
Ich habe auch weitere Erkentnisse: Ich habe eine Art Prüfstand gebaut auf dem ich die Apparatur simuliert habe. Ich habe die Relais den motor etwa 200.000 mal schalten lassen, also schon das doppelte der angegebenen elektrischen Lebensdauer. Was bei dem Versuch verwunderlich war ist, dass dabei diese besagten Spitzen nun nicht auf dem Öffnerkontakt, sondern auf dem Schließerkontakt entstanden sind. Die Öffnerkontakte blieben hier vollständig unversehrt.
Was den Versuchsaufbau von der Praxis unterscheidet war zum einen, dass auf dem Prüfstand keinerlei Vibrationen vorhanden waren, und zum anderen dass die Federkraft die im Normalfall gegen die Motorkraft wirkt durch einen verschlossenen Pneumatikzylinder (kolben wird hereingedrückt, druck baut sich auf, die Kraft nimmt zu) simuliert wurde.
Im anschluss habe ich den Versuch wieder im Kfz durchgeführt und die Platine komplett in Watte eingepackt um sie von den Vibrationen zu isolieren, hier kam es nach rund 1000 Schaltvorgängen schon sichtbar wieder zum besagten Spitzenaufbau an den Öffnerkontakten. Gleichzeitig erhielt ich dadurch die Erkenntnis, dass es sich bei diesem Spitzenaufbau um einen kontinuierlichen Prozess handelt, und nicht einmalig durch Kurzschluss o.Ä. hervorgerufen.
Also wer hat gute Ideen wieso sich diese Spitzen auf den Kontakten ausbilden könnten??
Yossarian
10.09.2007, 20:00
Hallo
Der Relaiskontakt ist für 10-12A ausgelegt, bei ohmscher Last.
Auch die Lebensdauer ist für ohmsche Lasten angegeben.
Für Ströme von 60A bleibt nur ein Schütz oder dicke Transistoren.
Mit freundlichen Grüßen
Benno
Hi Yossarian,
Das Problem ist hier nicht die Überlastung des Arbeitskontaktes wo die ca. 60A kurzzeitig fließen, sondern eine Materialwanderung am Rückfallkontakt, an dem KEIN Schaltvorgang dieses Laststroms stattfindet.
EDIT: Es handelt sich bei dem Relais übrigens um ein Finder Printrelais vom Typ 40.61 / 16A
Yossarian
10.09.2007, 21:09
Hallo
Die Materialwanderung ist eine Folge der Überlastung (Lichtbogen).
Mit freundlichen Grüßen
Benno
Hessibaby
11.09.2007, 08:20
Ich schließe mich Benno an.
Der Unterschied zwischen einem Relais und einem Schütz ist, das beim Schütz der Arbeitskontakt (die Schaltbrücke) beidseitig getrennt wird und, bedingt durch den großen Kontaktabstand, kaum Materialübertrag stattfindet.
Selbst wenn der Lichtbogen nur für ms steht wird schon Material übertragen.
Der Unterschied zwischen Laborbedingungen, wie von Dir beschrieben, und dem Einbau im Fahrzeug. Hast Du im Labor auch mit einem Akku gearbeitet ? oder mit einem "weichen" Labornetzteil ?
Der Innenwiderstand eines Bleiakkus, vor allem in Dieselfahrzeugen, ist erheblich kleiner als der eines Labornetzteils.
Ich glaube nicht das Vibrationen das Problem sind.
Gruß
Ich kann auch nur spekulieren.
Tatsächlich werden die Kontakte bei höherem Strom als zulässig betrieben. Ich könnte mir vorstellen, daß dadurch auch beim geschlossenen Kontakt (also ohne Schaltvorgang) lokale Überhitzungen und ein damit verbundener Materialtransport stattfinden kann.
Die Kontaktflächen berühren ja - obwohl sie makroskopisch sehr glatt und eben aussehen - nur punktuell, mit entsprechend hohen Stromdichten. Die tatsächliche zur elektrischen Leitung beitragende Kontaktfläche dürfte auch wesentlich vom Anpreßdruck der Kontaktflächen abhängen.
Es ist nicht unwahrscheinlich, daß der Anpreßdruck des Arbeitskontaktsatzes größer ist, als der des Ruhekontaktsatzes. Dadurch wäre der Ruhekontakt eher anfällig für Materialtransport. Das wäre zumindest für mich eine plausibel klingende Hypothese zur Erklärung des Phänomens.
nikolaus10
11.09.2007, 10:12
Hallo
hast du sichergestellt das zuerst das eine Relais oeffnet b e v o r das ander schliesst !
Bei unterschiedlichen Reaktionszeiten kann es dazu kommen das beide Relais fuer einen kurze Zeit geschlossen sind. Vielleicht auch nur jedes hundertste Mal.
MFG
Hubert.G
11.09.2007, 10:26
Man könnte die Spekulationen noch weiter treiben.
Es sollte sich der Materialtransport eingentlich aufheben, da sich der Motor ja nach beiden Seiten dreht, also der Strom sich immer wieder umkehrt. Wenn aber in eine Richtung ein Teil des Stromes, zumindest der der den Zündfunken auslöst, der Rückstrom vom Motor beginnt sicher früher als der Ruhekontakt wieder zu ist, von der Diode übernommen wird, ist in dem Fall die Materialwanderung wesentlich geringer. Man müsste daher eine Testreihe ohne Dioden durchführen. Wobei ich in dieser Schaltung den wirklichen Sinn der Dioden ohnehin nicht erkenne, ausgenommen im Moment des Umschalten der Kontakte.
hast du sichergestellt das zuerst das eine Relais oeffnet b e v o r das ander schliesst !
Bei unterschiedlichen Reaktionszeiten kann es dazu kommen das beide Relais fuer einen kurze Zeit geschlossen sind.
das sollte nichts machen, dann hängen eben beide Anschlüsse des Motors an der positiven Betriebsspannung.
Es sollte sich der Materialtransport eingentlich aufheben, da sich der Motor ja nach beiden Seiten dreht, also der Strom sich immer wieder umkehrt.
Der Stomfluß im Motor wechselt zwar, der Stromfluß an einem Kontaktpaar geht aber immer in die selbe Richtung.
Wobei ich in dieser Schaltung den wirklichen Sinn der Dioden ohnehin nicht erkenne, ausgenommen im Moment des Umschalten der Kontakte.
Die Dioden nach Minus sind durchaus sinnvoll. Der Stromfluß kann nicht beliebig schnell unterbrochen werden, weil der Motor eine induktive Last darstellt. Wenn die Dioden weggelassen würden, würde der Strom als Lichtbogen an den Kontakten weiterfließen. Das wäre sicherlich schädlich für die Kontakte. Die Dioden nach Plus sind imho überflüssig, zumindest wenn wie oben beschrieben geschaltet wird (also wenn niemals beide Magnetspulen gleichzeitig erregt sind).
Interessant wäre, ob sich der Kontaktabbrand auch ergibt, wenn man den geschlossenen Ruhekontakt einige Zeit mit 60A belastet (eventuell mit kurzer Einschaltdauer, damit das Relais nicht nach wenigen Sekunden abbrennt). Um das zu testen bräuchte man allerdings eine 60A Stromquelle.
Hubert.G
11.09.2007, 18:55
@ ranke Das Problem sind die Ruhekontakte und wenn beide geschlossen sind ändert sich die Stromrichtung in beiden Kontakten je nach Drehrichtung des Motors.
@ ranke Das Problem sind die Ruhekontakte und wenn beide geschlossen sind ändert sich die Stromrichtung in beiden Kontakten je nach Drehrichtung des Motors.
Ja , Du hast recht, beim Zurückdrehen des Motors fliesst ein Strom in umgekehrter Richtung durch die Ruhekontakte.
Ich hatte das bisher vernachlässigt, weil dieser Strom sicher wesentlich kleiner ist, als der Kurzschlußstrom von 60 A. Der Motor fährt ja gegen eine Feder auf Anschlag, wobei er kurzzeitig 60 A zieht. Beim der Rückwärtsbewegung wirkt nur die Federkraft als Antrieb des kurzgeschlossenen Motors.
Vielleicht kann Powell mehr dazu sagen.
Um ganz ehrlich zu sein: Ich bin auch nicht ganz sicher, ob ich den Sinn, der hinter diesem Satz steckt, voll erfaßt habe:
Wenn aber in eine Richtung ein Teil des Stromes, zumindest der der den Zündfunken auslöst, der Rückstrom vom Motor beginnt sicher früher als der Ruhekontakt wieder zu ist, von der Diode übernommen wird, ist in dem Fall die Materialwanderung wesentlich geringer.
Hubert.G
12.09.2007, 10:19
Wenn der Motor auf Anschlag fährt, dann zieht er 60A, der Kontakt macht auf und dann ist die Frage was ist schneller, der schließende Ruhekontakt oder die durch das zusammenbrechende Feld induzierte Spannung am Motor. Sollte die Spannung schneller sein als der Kontakt, dann würde der Strom über die Diode abgeleitet werden und es würde kaum ein Funken an dem Kontakt entstehen.
Allerdings habe ich nachgesehen, die Dioden halten nur 1A aus, sollten wirklich diese Type verbaut sein sind sie warscheinlich bereits im Nirwana.
Wenn der Motor auf Anschlag fährt, dann zieht er 60A, der Kontakt macht auf und dann ist die Frage was ist schneller, der schließende Ruhekontakt oder die durch das zusammenbrechende Feld induzierte Spannung am Motor.
Sicherlich die Spannung, es ist ja ein Strom (60 A) durch die Induktivität des Motors vorgegeben, die Spannung resultiert zu jeder Zeit aus den vorhandenen Widerständen im Stromkreis.
Bei zunehmendem Widerstand am Arbeitskontakt (also beim Öffnen des selben) wird der Spannungsabfall dort höher. Wenn die Schwellspannung an der Diode erreicht wird, wird sich der Strom zwischen Kontakt und Diode aufteilen, sobald der Arbeitskontakt vollständig geöffnet hat, wird der Gesamtstrom solange durch die Diode fließen, bis der Ruhekontakt schließt. Der Ruhekontakt wird dann noch einige Male prellen, also öffnen und schließen, bis er endlich geschlossen bleibt. Der Strom wird sich also noch mehrmals zwischen Diode und Ruhekontakt aufteilen.
Allerdings habe ich nachgesehen, die Dioden halten nur 1A aus, sollten wirklich diese Type verbaut sein sind sie warscheinlich bereits im Nirwana.
Das ist zumindest ein mutiges Design. Entweder hat er andere Dioden verwendet als im Schaltplan angegeben, oder die Dioden halten kurzfristig die Überlast tatsächlich aus. Daß sie kaputt sind, glaube ich eher nicht, zumindest hätte ich in diesem Fall ein deutlicheres Schadensbild am Arbeitskontakt erwartet.
Hallo zusammen, und vielen dank für die vielen Interessanten Anregungen und Ideen.
Ich fange mal vorne an:
Hessibaby: Ich habe kein Labornetzteil sondern eine Batterie genommen, der Strom von 60A ist also auch tatsächlich geflossen. Vibrationen schließe ich mittlerweile auch als Ursache aus
ranke: Deine Argumentation kann ich sehr gut nachvollziehen, das ist auch die Richtung in die ich Vermutungen anstelle, wenngleich es doch einige gute Gegenargumente gibt: Warum bildeten sich unter Laborbedingungen keine Materialüberträge, ist doch der Anpressdruck der gleiche? Definitiv ist es aber so, dass der Anpressdruck am Arbeitskontakt größer ist, denn die Federkraft des Kupferplättchens ist nicht wirklich groß.
Dabei wirft sich mir noch die Frage auf: Bei gängigen KFZ-Umschaltrelais wird die Angabe der Belastbarkeit getrennt gemacht. Gängig ist z.B. 50A/30A, d.h. 50A am Arbeitskontakt und 30A am Ruhekontakt - hat das vielleicht was damit zu tun?
Was die Überflüssigkeit der oberen beiden Schutzdioden angeht scheinst du recht zu haben, mir ist das bisweilen gar nicht aufgefallen.
Die Testreihe mit einem Relais bei dem der Arbeitskontakt permanent geschlossen ist dürfte auch interessant sein, allerdings fällt da die Simulation des Kontaktprellens unter den Tisch und auch die Gegeninduktion des Motors wird nicht mit betrachtet, daher wahrscheinlich nicht aussagekräftig genug.
Was die Rückwärtsdrehung des Motors durch die Federkraft angeht, kann ich mal etwaige Schätzwerte angeben, die aber sicherlich mit +-25% Toleranz zu betrachten sind:
Der Motor macht bei der Rückwärtsdrehung ziemlich genau 4 Umdrehungen. Das passiert in einer Zeit von ca. 80 ms. Vernachlässigt man die Beschleunigungszeit entspricht das einer Drehzahl von 3000min-1. Gehen wir also davon aus dass der Ruhekontakt bei dieser Rückwärtsdrehzahl wieder Kontakt schließt, liegt in dem Moment eine Spannung von -2V am Motor (bzw Generator) an (Motor hat ca. 1500min-1/V).
Jetzt noch mal kurz zur Dimensionierung der Dioden: Schützen mir diese jetzt den Arbeitskontakt oder den Ruhekontakt?
Und bezüglich der Unterdimensionierung: Wieso sind sie jetzt genau unterdimensioniert? Sie schließen die Gegeninduktionsspannung des Motors kurz, soweit richtig, ja? Aber da fließt doch kein großartiger Strom - jedenfalls nicht für eine lange Zeit. Und die Energie reicht dabei doch kaum aus um die Diode zu erwärmen, oder verstehe ich da was falsch?
EDIT: Auch bei der Leiterbahndimensionierung zu den Dioden habe ich keine besonderen vorkehrungen getroffen. Breite liegt bei 0,6mm und sie sind nicht durchgebrannt. Was hat es damit auf sich?
Vibrationen schließe ich mittlerweile auch als Ursache aus
Was macht Dich da so sicher? Vorstellen könnte ich mir gut, daß es eine Rolle spielt.
Jetzt noch mal kurz zur Dimensionierung der Dioden: Schützen mir diese jetzt den Arbeitskontakt oder den Ruhekontakt?
Und bezüglich der Unterdimensionierung: Wieso sind sie jetzt genau unterdimensioniert? Sie schließen die Gegeninduktionsspannung des Motors kurz, soweit richtig, ja? Aber da fließt doch kein großartiger Strom - jedenfalls nicht für eine lange Zeit. Und die Energie reicht dabei doch kaum aus um die Diode zu erwärmen, oder verstehe ich da was falsch?
Ich bin mir nicht sicher, ob wir da nicht aneinander vorbeireden.
Es gibt wohl zwei unabhängige Effekte, die in Moment des Abschaltens eine Klemmenspannung am Motor verursachen können.
Effekt 1:
Der Motor wirkt als Generator. Die Generatorspannung ist proportional zur Drehzahl, in unserem Fall also zu vernachlässigen, weil der Motor beim Abschalten ja gegen den Anschlag gefahren ist, also steht.
Effekt 2:
Der Motor besitzt eine gewisse Induktivität. Diese ist unabhängig von der Drehzahl und bewirkt, daß zeitliche Änderungen des Motorstroms eine Spannung erzeugen, die der Stromänderung entgegengerichtet ist (Selbstinduktion). Mit anderen Worten: Die Induktivität widersetzt sich plötzlichen Stromänderungen.
Der Abschaltprozess ist eine plötzliche Stromänderung, bei realen Kontakten sorgt die induzierte Spannung für ein endliches Abklingen des Stromflusses in Form eines Funken.
Bei Deinem Beispiel:
Vor der Trennung der Kontakte fließen 60 A. Die fließen auch nach Abschalten des Arbeitskontaktes, aber über die Diode. Ein größerer Funken ist am Arbeitskontakt nicht zu erwarten, Du hast ja nur etwas mehr als 12V anliegen.
Sicherlich ist der Strom auch noch nicht gänzlich abgeklungen, wenn der Ruhekontakt schließt. In diesem Fall fließt der Strom dann über den Ruhekontakt (weil der keine Schwellspannung hat, im Gegensatz zur Diode). Öffnet der Ruhekontakt noch mehrmals (Kontaktprellen), dann übernimmt wieder die Diode.
Die Diode schützt also sowohl Arbeits- als auch Ruhekontakt, jeweils beim Öffnen des Kontaktes.
Die Diode sollte also kurzzeitige Spitzen von 60 A aushalten können. Bei der SB140 sind im Datenblatt nur 30 A (für 8,3 ms als Sinushalbwelle) angegeben. Die bereits genannten 1A ist die Dauerbelastbarkeit.
Was die Belastbarkeit der Leiterbahnen betrifft: Der Strom ist zwar hoch, aber nur sehr kurz. Dadurch ist wahrscheinlich keine Gefahr gegeben. Allerdings erinnere ich mich da von Materialmigration an hochbelasteten Leiterbahnen gehört zu haben, da könnte man evt. mal danach googlen, ob das hier eine mögliche Fehlerquelle im Dauerbetrieb sein könnte.
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