Reinald
22.09.2006, 15:23
Wir wollten ja nur spielen oder
Wir haben es nur gut gemeint
Anlässlich der benachbarten Diskussion über die mögliche "intelligenz" autonomer Roboter,
und den potentiellen Einsatzfeldern dieser Maschinen, möchte ich einen neuen Aspekt in
die Runde werfen:
Muss alles, was machbar ist, auch gemacht werden?
Viele hier werden sich selber nur für harmlose Bastler halten. Der Eine oder Andere arbeitet
in einer akademischen oder industriellen Forschungseinrichtung, und hält trotzdem seinen
eigenen Beitrag zur Entwicklung für bescheiden. Das Thema insgesamt für zu komplex, als das
eine eigene Entwicklung mehr als nur ein Mosaiksteinchen sein könnte. Aber vielleicht ist
das nicht so - es gab immer wieder Erfinder, die für sich mit Glück und Genialität
Entwicklungen gemacht haben, die Niemand einer Einzelperson zugetraut hätte. Es gibt immer wieder fehlende Mosaiksteine, deren Ergänzung einen ganz neuen Abschnitt markiert.
Wenn man heute die Zukunftsvisionen der 60er, 70er und 80er Jahre mit der
heutigen Gegenwart vergleicht, stellt man fest, daß sich vieles anders entwickelt hat, als
man gedacht hat. In einigen Bereichen gab es Fortschritte und Entwicklungen, die
außerhalb der Vorstellungskraft lagen und heute alltäglich sind,
in anderen Bereichen ist es nachgerade erschreckend,
wie wenig sich wirklich verändert hat.
In den SF des vergangenen Jahrhunderts wurde häufig davon ausgegangen, daß die gesellschaftliche
Entwicklung mit der technischen Schritt hält. Die Erforschung des Weltraums war nur vor dem
Hintergrund einer geeinten Menschheit denkbar, die ihre Grundprobleme (Kleinstaaterei,
Umweltverschmutzung, Energie, Bevölkerung, Ernährung, Kriege) dank ihrer Intelligenz gelöst hat.
Der Einsatz von Technik (und häufig weitgehend autonomen Systemen, sprich Robotern)
fand letztenendes nicht zwischen konkurrierenden menschlichen Gruppen statt, sondern zwischen
"der Menschheit" und ihrer Umwelt. "Der Mensch" in diese Romanen war natürlich Forscher, Entdecker,
Techniker, oder zumindest Raumpilot. Produktion von Alltagsgütern und Lebensmitteln
findet weitgehend automatisiert statt. "Der Mensch" hat sich vom Frondienst des
Broterwerbs befreit, Arbeit und Forschung wird aus der Motivation heraus betrieben, Wissen zum
Nutzen der Allgemeinheit zu vermehren. Die Widrigkeiten unseres täglichen Lebens (Lohnarbeit
um die Lebensnotwendigen Güter zu erwerben und Miete zu zahlen) sind Teil einer barbarischen
Vergangenheit.
Wir wissen alle, daß es anders gekommen ist. Die Automatisierung von grundlegenden Produktionsprozessen
schreitet immer weiter vorran. Darin nähern wir uns durchaus diesen Zukunftsvisionen an.
Leider haben wir den dazugehörenden Teil der gesellschaftlichen Entwicklung vergessen, die
Nutzung dieser Erkenntnisse bringt nur einigen Wenigen einen immensen Vorteil, während
die Teile der Bevölkerung, die im Produktionsprozeß überflüssig werden, sich in wirtschaftlicher
Bedrängnis widerfinden. Kollege Kuka vernichtet Arbeitsplätze, unumkehrbar. Das alleine
wäre kein Problem, wenn der Gewinn der höheren Produktivität auch auf die Allgemeinheit
zurückfallen würde und nicht privatisiert.
Ich will keine Maschinenstürmerei betreiben. Ich möchte nur einen kritischen Blick.
Hier und da blitzt es in den Diskussionen auf, daß man einige Entwicklungen, die
aus Militärkreisen phantasiert, gefordert, finanziert und gefördert werden ein
gewisses Gruseln auslösen - hin und her gerissen zwischen der Faszinazion von
technischen Spielzeugen, und den unzweifelhaften Absichten der Erbauer.
Aber ich denke, so weit muss man gar nicht gehen - Automatisierung hat bei genauerem
Hinsehen schon längst weiten Einzug gehalten, nicht nur in der produzierenden Industrie.
Längst steht z.B. der Geldautomat an der Bank nicht mehr nur für bessern Kundenservice.
Als Universalmaschine für Überweisungen, Kreditanfragen und andere Geldgeschäfte steht er
auch für einen Beschäftigten, der seinen Job verlieren wird. Der Pfandautomat für den
weggefallenen Job eines Lagerarbeiters, der auch noch die Kästen sortiert hat.
Die automatische Kasse im "Metro Future Store" für eine arbeitslose Kassiererin.
Und auch bei einer Diskussion um die Frage, ob eine robotische "Intelligenz" realisierbar ist,
die den Grad der Autonomie massiv verbessert, sollte man IMHO die Frage nicht außen vor lassen,
ob das vielleicht Folgen und Seiteneffekte hat, die man lieber nicht haben will.
Ich hoffe nicht, daß wir uns in 50 Jahren fragen lassen müssen, warum wir da um Gottes willen
mitgemacht haben, und uns nur eine trauriges
Wir wollten nur spielen
einfällt.
In diesem Sinne - Technikfolgenabschätzung nicht vergessen!
Grüsse und so,
Reinald
Wir haben es nur gut gemeint
Anlässlich der benachbarten Diskussion über die mögliche "intelligenz" autonomer Roboter,
und den potentiellen Einsatzfeldern dieser Maschinen, möchte ich einen neuen Aspekt in
die Runde werfen:
Muss alles, was machbar ist, auch gemacht werden?
Viele hier werden sich selber nur für harmlose Bastler halten. Der Eine oder Andere arbeitet
in einer akademischen oder industriellen Forschungseinrichtung, und hält trotzdem seinen
eigenen Beitrag zur Entwicklung für bescheiden. Das Thema insgesamt für zu komplex, als das
eine eigene Entwicklung mehr als nur ein Mosaiksteinchen sein könnte. Aber vielleicht ist
das nicht so - es gab immer wieder Erfinder, die für sich mit Glück und Genialität
Entwicklungen gemacht haben, die Niemand einer Einzelperson zugetraut hätte. Es gibt immer wieder fehlende Mosaiksteine, deren Ergänzung einen ganz neuen Abschnitt markiert.
Wenn man heute die Zukunftsvisionen der 60er, 70er und 80er Jahre mit der
heutigen Gegenwart vergleicht, stellt man fest, daß sich vieles anders entwickelt hat, als
man gedacht hat. In einigen Bereichen gab es Fortschritte und Entwicklungen, die
außerhalb der Vorstellungskraft lagen und heute alltäglich sind,
in anderen Bereichen ist es nachgerade erschreckend,
wie wenig sich wirklich verändert hat.
In den SF des vergangenen Jahrhunderts wurde häufig davon ausgegangen, daß die gesellschaftliche
Entwicklung mit der technischen Schritt hält. Die Erforschung des Weltraums war nur vor dem
Hintergrund einer geeinten Menschheit denkbar, die ihre Grundprobleme (Kleinstaaterei,
Umweltverschmutzung, Energie, Bevölkerung, Ernährung, Kriege) dank ihrer Intelligenz gelöst hat.
Der Einsatz von Technik (und häufig weitgehend autonomen Systemen, sprich Robotern)
fand letztenendes nicht zwischen konkurrierenden menschlichen Gruppen statt, sondern zwischen
"der Menschheit" und ihrer Umwelt. "Der Mensch" in diese Romanen war natürlich Forscher, Entdecker,
Techniker, oder zumindest Raumpilot. Produktion von Alltagsgütern und Lebensmitteln
findet weitgehend automatisiert statt. "Der Mensch" hat sich vom Frondienst des
Broterwerbs befreit, Arbeit und Forschung wird aus der Motivation heraus betrieben, Wissen zum
Nutzen der Allgemeinheit zu vermehren. Die Widrigkeiten unseres täglichen Lebens (Lohnarbeit
um die Lebensnotwendigen Güter zu erwerben und Miete zu zahlen) sind Teil einer barbarischen
Vergangenheit.
Wir wissen alle, daß es anders gekommen ist. Die Automatisierung von grundlegenden Produktionsprozessen
schreitet immer weiter vorran. Darin nähern wir uns durchaus diesen Zukunftsvisionen an.
Leider haben wir den dazugehörenden Teil der gesellschaftlichen Entwicklung vergessen, die
Nutzung dieser Erkenntnisse bringt nur einigen Wenigen einen immensen Vorteil, während
die Teile der Bevölkerung, die im Produktionsprozeß überflüssig werden, sich in wirtschaftlicher
Bedrängnis widerfinden. Kollege Kuka vernichtet Arbeitsplätze, unumkehrbar. Das alleine
wäre kein Problem, wenn der Gewinn der höheren Produktivität auch auf die Allgemeinheit
zurückfallen würde und nicht privatisiert.
Ich will keine Maschinenstürmerei betreiben. Ich möchte nur einen kritischen Blick.
Hier und da blitzt es in den Diskussionen auf, daß man einige Entwicklungen, die
aus Militärkreisen phantasiert, gefordert, finanziert und gefördert werden ein
gewisses Gruseln auslösen - hin und her gerissen zwischen der Faszinazion von
technischen Spielzeugen, und den unzweifelhaften Absichten der Erbauer.
Aber ich denke, so weit muss man gar nicht gehen - Automatisierung hat bei genauerem
Hinsehen schon längst weiten Einzug gehalten, nicht nur in der produzierenden Industrie.
Längst steht z.B. der Geldautomat an der Bank nicht mehr nur für bessern Kundenservice.
Als Universalmaschine für Überweisungen, Kreditanfragen und andere Geldgeschäfte steht er
auch für einen Beschäftigten, der seinen Job verlieren wird. Der Pfandautomat für den
weggefallenen Job eines Lagerarbeiters, der auch noch die Kästen sortiert hat.
Die automatische Kasse im "Metro Future Store" für eine arbeitslose Kassiererin.
Und auch bei einer Diskussion um die Frage, ob eine robotische "Intelligenz" realisierbar ist,
die den Grad der Autonomie massiv verbessert, sollte man IMHO die Frage nicht außen vor lassen,
ob das vielleicht Folgen und Seiteneffekte hat, die man lieber nicht haben will.
Ich hoffe nicht, daß wir uns in 50 Jahren fragen lassen müssen, warum wir da um Gottes willen
mitgemacht haben, und uns nur eine trauriges
Wir wollten nur spielen
einfällt.
In diesem Sinne - Technikfolgenabschätzung nicht vergessen!
Grüsse und so,
Reinald